Die Frage geistert durch die sozialen Medien: Was soll die Gurke auf Seite 18 des ÖVP-Wahlprogramms symbolisieren, wo es doch eigentlich um Frauen geht? Man sieht, lustig übereinandergestapelt: einen Stöckelschuh, ein Notebook, einen Lippenstift, besagte Gurke, darüber ein Babyfläschchen und eine Füllfeder.

Was will man damit sagen? Dass Frauen Highheels mit Lippenstift tragen und in der Lage sind, Gurken zu schneiden und ein Flascherl zu halten? Dass sie sogar mit Füllfeder schreiben und ein Notebook bedienen können? Oder alles gleichzeitig? Handelt es sich gar um eine erotische Umgarnung?

Man muss Sebastian Kurz zugutehalten, dass er das Reißverschlusssystem eingeführt hat. Dass Frauen und Männer abwechselnd auf Wahllisten kandidieren, war jahrzehntelang, beherzten konservativen Frauenpolitikerinnen zum Trotz, eine Undenkbarkeit in der ÖVP.

Allerdings zeigt sich die verunglückte Illu als Symptom. Zeitgemäße oder gar moderne Frauenpolitik wird von der ÖVP offenbar weiterhin als Nebenschauplatz betrachtet. Das zeigt etwa das kürzlich fabrizierte Hoppala mit den Steuererleichterungen für Alleinerzieherinnen: Den Steuerbonus vom Exmann zu holen wird nicht ganz einfach werden und kann wohl kaum als Frauenförderungsmaßnahme verkauft werden. Kein Wunder, dass SPÖ-Spitzenkandidat Christian Kern diese Idee beim Wahlkampfauftakt genüsslich aufs Korn genommen hat.

Frauenproblem im Wahlprogramm

Das Frauenproblem setzt sich im Wahlprogramm fort: Ganze 16 Mal kommen "Frauen" im 120 Seiten starken, bisher präsentierten Wirtschaftsteil vor. Inhaltlich bleibt man vage: Frauen sollen stärker unterstützt, ihr Beitrag zur Gesellschaft besonders geschätzt werden. Chancengleichheit, vor allem in der Arbeitswelt, soll endlich Realität werden. Richtigerweise betont Kurz, dass Frauenpolitik ein integraler Bestandteil aller Politik sein müsse – und führt dabei die Bereiche Gesundheit und Bildung an.

Was damit genau gemeint sein soll, ist nicht klar: Frauen leben sowohl insgesamt gesünder und länger als Männer und sind im Durchschnitt auch gebildeter als diese – wenn man etwa die Universitätsabschlüsse betrachtet. In Bildungsberufen sind Frauen in der Mehrheit, ebenso in Gesundheitsberufen – freilich nicht, wenn es um Spitzenjobs geht. Doch da schweigen Kurz und Wahlprogramm: Wie soll der Frauenanteil an der Spitze gehoben werden? Aber die Hoffnung stirbt zuletzt: Vielleicht kommt ja noch was in Teil zwei des türkisen Programms.

Reißverschlüsse

Die SPÖ, ebenso im Reißverschluss gelistet, ist konkreter und viel ausführlicher, von der Absicht, mehr "Frauen in die Technik" zu bringen, bis hin zu dem Problem weiblicher Landflucht, von der Forderung höherer Mindestlöhne bis zur Schließung der Gehaltsschere. Freilich ist gerade der letzte Punkt der ärgerlichste: Jahrzehntelang hätte man Zeit gehabt, alle Kraft in die Beseitigung dieses Missstandes zu setzen. Passiert ist wenig bis gar nichts, als wäre man nie in der Regierung gesessen.

Die Grünen haben den Reißverschluss praktisch erfunden, außerdem haben sie die einzige "echte" Spitzenkandidatin (sieht man von der etwas hängenden Doppelspitze der Neos mit Irmgard Griss einmal ab). Ob ihnen das gegen ihr "Männerproblem" namens Peter Pilz hilft, bleibt abzuwarten.

Der FPÖ ging Frauenpolitik schon immer sonst wo vorbei. Das dürfte dann auch bei etwaigen schwarz-blauen Koalitionsverhandlungen die geringsten Probleme verursachen.(Petra Stuiber, 8.9.2017)