Wien – VfGH-Präsident Gerhart Holzinger will zwar das von der ÖVP forcierte "Sicherheitspaket" nicht beurteilen. Aber erinnerte Sonntag in der ORF-"Pressestunde" daran, dass für polizeiliche Überwachung "zum Teil recht enge" grundrechtliche Grenzen gelten, "die unbedingt eingehalten werden müssen". "In Kürze" ist die Entscheidung des VfGH zum Polizeilichen Staatsschutzgesetz zu erwarten.

Mit diesem Gesetz wurden schon 2016 die Überwachungsmöglichkeiten ausgeweitet – und den Verfassungsschützern u.a. ermöglicht, bei Gefahr extremistischer Taten intensiver schon im Vorfeld zu agieren und (externe) Vertrauensleute einzusetzen. Grüne und FPÖ haben dieses Gesetz gemeinsam mit einem Drittelantrag vor den VfGH gebracht. Dieser hat in der Juni-Session bereits darüber beraten, entscheiden wird er "jedenfalls im Laufe dieses Halbjahres", kündigte Holzinger an.

Grundrechtliche Grenzen

Zum umstrittenen Sicherheitspaket wollte er sich inhaltlich nicht äußern, könnte dieses doch auch einmal zum VfGH kommen. Aber er erinnerte daran, dass "massenhafte Überwachung aller Menschen auf grundrechtliche Grenzen stößt" und der VfGH deshalb u.a. die Vorratsdatenspeicherung zu Fall brachte.

Beim VfGH bereits eingelangt ist der Individualantrag von Peter Pilz gegen die Regelung, dass parlamentarische Klubs nur zu Beginn der Legislaturperiode gegründet werden dürfen – mit dem Pilz dagegen, dass der ORF die Liste Pilz mangels Klubstatuts nicht zu den Wahlkampf-Konfrontationen einlädt. Der VfGH wird nun zunächst entscheiden, ob der Antrag zulässig ist.

Auch über die Frage seiner Nachfolge hielt sich Holzinger – der mit Jahresende in Pension gehen muss – bedeckt. Er bekundete auch keine Präferenz für eine Frau an der Spitze des VfGH – würde es aber "sehr begrüßen", wenn es sobald wie möglich im Gerichtshof Parität gibt. Derzeit sind fünf von 14 VfGH-Mitgliedern weiblich. Klar machte Holzinger nur eines: Er wird nach seiner Pensionierung "mit Sicherheit nicht" von einer Partei als politischer Quereinsteiger präsentiert werden.

Wenige Anfechtungen erfolgreich

Das größte Aufsehen erregte der VfGH in Holzingers fast zehnjähriger Amtszeit mit der Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl im Vorjahr. Der Befürchtung, der VfGH habe damit Wahlanfechtungen stimuliert, hielt Holzinger entgegen, dass bisher nur ein "äußerst geringer" Teil der Wahlanfechtungen erfolgreich war – und das werde "in der Zukunft so sein wie es in der Vergangenheit war".

Schon seit langem mahnt Holzinger eine Verwaltungsreform ein – so auch in der "Pressestunde" unter Hinweis auf die "Fülle von Kompetenzüberschneidungen" und "längst intransparente" Finanzströme zwischen Bund und Ländern, vor allem im Förderungsbereich. Er deponierte die Hoffnung, "dass es in der nächsten Legislaturperiode endlich Fortschritte" gibt. Jeder Weg dahin sollte beschritten werden, meinte er, angesprochen auf die SPÖ-Forderung nach einen Volksbefragung. Und er merkte an: Wenn Wähler die Parteien abstrafen, die Reformen wollen, "wird die Neigung der Politik, etwas zu tun, gering sein". (APA, 10.9.2017)