Auch in Serbien genau beobachtet: Kosovos neuer Premier Ramush Haradinaj.

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Prishtina/Sarajevo – Er hat es am Ende doch geschafft. Ramush Haradinaj ist seit Samstag wieder Premier des Kosovo – bereits 2004 saß der ehemalige Kommandant der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK einer Regierung vor. Die kosovarische Regierung wurde nach zahlreichen gescheiterten Versuchen und drei Monate nach der Wahl gebildet. Sie besteht aus den Parteien PDK, AAK und Nisma und wird von der Serbischen Liste, Minderheiten und ein paar anderen Abgeordneten unterstützt.

Haradinaj bekam am Samstag aber nur 61 von 120 Stimmen der Abgeordneten – auch deshalb wird die Koalition für äußerst instabil gehalten. Die AAK von Haradinaj, die im Dukagjin im Westkosovo ihre Anhänger hat, liegt etwa bei zehn Prozent. Doch Haradinaj hat in den vergangenen Jahren mit einem harten Oppositionskurs und einer Boykott politik gezeigt, dass ohne ihn im Kosovo nichts funktionieren darf.

Serbischer Haftbefehl

Seine Wahl ist auch im Nachbarstaat Serbien ein Thema. Denn gegen Haradinaj – der selbst zweimal vor dem Jugoslawientribunal angeklagt war und freigesprochen wurde – liegt ein serbischer Haftbefehl vor. Erst im Jänner wurde er aufgrund dessen auf dem Flughafen Basel-Mulhouse-Freiburg durch die französische Polizei festgenommen – er kehrte erst wieder im April zurück, nachdem Frankreich die Auslieferung an Serbien verweigert hatte.

Nun wird ausgerechnet Haradinaj den Dialog mit Serbien weiterführen. "Trotz der tragischen Geschichte können wir das Faktum, dass wir Nachbarn sind, nicht ändern", sagte er nun über die Notwendigkeit der Fortführung der Gespräche. Die Tatsache, dass die Partei Serbische Liste Haradinajs Wahl unterstützte, weist aber darauf hin, dass Belgrad bereit ist, Haradinaj zu akzeptieren. Denn die Serbische Liste im Kosovo wird von der Fortschrittspartei in Serbien und Präsident Aleksandar Vučić kontrolliert.

Ratifizierung des Grenzabkommens mit Montenegro

Haradinaj muss auch noch ein anderes heißes Eisen anpacken – die Ratifizierung des Grenzabkommens mit Montenegro, welche er die letzten zwei Jahre verhindert hatte. Ohne diese Ratifizierung wird der Kosovo keine Befreiung von den Schengen-Visa bekommen. Haradinaj wurde von den anderen Parteien unter anderem deshalb als Premierminister akzeptiert, weil man nun im Gegenzug von ihm verlangen kann, dass er seine Boykottpolitik beendet.

Spannend wird auch, wer in den kommenden Monaten vom neuen Kriegsverbrechergericht für den Kosovo angeklagt werden wird. Die drei Parteien PDK, Nisma und AAK sind aus den Strukturen der UÇK hervor gegangen. Anhänger der Parteien, aber auch Funktionäre könnten für Verbrechen rund um den Krieg 1999 verantwortlich gemacht werden. Damals wurden serbische Zivilisten, aber auch Albaner, die verdächtigt wurden, mit Belgrad zusammenzuarbeiten, gefoltert und ermordet. (Adelheid Wölfl, 10.9.2017)