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Auch ein Untersuchungsausschuss beschäftige sich mit der Vergabe für den österreichweiten Behördenfunk.

Foto: dapd/Punz

Wien – So richtig reibungslos funktioniert hat das Projekt Blaulichtfunk, auch bekannt unter dem Namen Tetron, nie. Die Vorarbeiten für die Ausstattung aller österreichischen Blaulichtorganisationen mit einem einheitlichen digitalen Funknetz starteten in den 1990er-Jahren; wenn alles klappt, geht das Funknetz 2020 in Vollbetrieb.

Am berühmtesten sind die Folgen der Auftragsvergabe unter dem damaligen Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) 2005 ans Konsortium aus Telekom Austria, Motorola und Alcatel: Sie zog Verurteilungen von Ex-Telekom-Manager Rudolf Fischer und dem Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly nach sich. Derzeit ist das Oberlandesgericht Wien mit ihren Berufungen beschäftigt, das Urteil ist rechtskräftig, aber die Strafhöhe steht noch nicht fest.

Britischer Lieferant wird chinesisch

Ja, und jetzt könnte es rund um die beiden Lieferanten für die Funkgeräte neue Brösel geben. Österreichweit, so das Ziel, soll es 19.000 Basisstationen mit 56.500 solcher Endgeräte geben. Im September 2015 haben Innenministerium und die Bundesländer Niederösterreich, Steiermark, Wien und Tirol mit der Bundesbeschaffungsgesellschaft die Ausschreibung dafür durchgeführt.

Das Rennen haben Motorola und die britische Sepura mit Sitz in Cambridge gemacht, mit beiden wurde ein Rahmenvertrag vereinbart. Sepura entwickelt und vertreibt laut Tetron-Homepage digitale Funkgeräte für u. a. Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und militärische Einrichtungen.

Thüringen hat Sicherheitsbedenken

Allerdings wurde ebendiese Sepura-Gruppe im Mai von der chinesischen Hytera Communications Corporation Ltd. übernommen. Und: Im deutschen Thüringen wurde infolgedessen die flächendeckende Einführung digitaler Funkgeräte bei Feuerwehren und Rettungsdiensten gestoppt.

Laut dem Thüringer Innenministerium müsse der Bund die Geräte erst noch zertifizieren, wegen des Firmenverkaufs sei "der Fortgang des Zertifizierungsverfahrens derzeit unsicher", heißt es in einem Schreiben des Innenministeriums an diverse Landesbehörden und -einrichtungen, das dem STANDARD vorliegt. Denn im Rahmen des staatlichen Investitionsprüfungsverfahrens in Deutschland, das für die Wirksamkeit der Firmenübernahme nötig ist, "konnten bestehende Sicherheitsbedenken bislang von Sepura und Hytera nicht ausgeräumt werden".

Grüne befragen Minister

All das thematisieren nun die österreichischen Grünen, deren Bundesratsmitglied David Stögmüller dieser Tage eine Anfrage an Innenminister Wolfgang Sobotka und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil einbringen wird. Er und seine Fraktionskollegen berufen sich darauf, dass in Thüringen "Kommunen, Feuerwehren und Rettungsdienste angewiesen wurden, die ausgelieferten Sepura-Geräte nicht in Betrieb zu nehmen", argumentieren sie unter Berufung auf die Anweisung des Thüringer Innenministeriums. Dieses forderte die Kommunen zudem auf, keine Einzelverträge mehr zu schließen und keine weiteren Leistungen von Sepura mehr abzurufen", bis der Bund eine "Grundsatzentscheidung über den weiteren Umgang mit Sepura-Endgeräten" getroffen hat.

Die Grünen erfragen nun beim Innenminister, wie viele Sepura-Funkgeräte wo in Betrieb sind und ob es für die Geräte "Sicherheitsbedenken gibt" sowie ob wegen der Firmenübernahme auch in Österreich eine neue Zertifizierung nötig ist. Zudem möchten sie wissen, was die Übernahme "für den weiteren Ausbau des Digitalfunks in Österreich bedeutet". Ähnliches wollen sie vom Verteidigungsminister in Erfahrung bringen, wobei sie ihn auch fragen, "wann und durch wen" er von der Sepura-Übernahme erfahren habe. (Renate Graber, 11.9.2017)