Schweden zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Auf einer Farm in dem kleinen Dorf Svalöv im Süden Schwedens verbrachte Hilma Ljung viele Tage ihres Lebens. Die nächstgelegene größere Stadt ist Malmö, etwa 35 Kilometer entfernt. Svalöv ist ein beschaulicher Ort, in dem heute annähernd 4.000 Einwohner leben.

In den Jahren von 1908 bis 1922 hielt Hilma das Leben auf dem Bauernhof, ihre Familie und die malerische Umgebung, mit einer Kamera fest. Alltagssituationen sind zu sehen, die Landschaft Südschwedens, Feste und Freizeitgestaltung. Ganz unspektakuläre Bilder, die aber dennoch erahnen lassen, wie die Menschen am Land die Tage zu jenen Zeiten verbracht haben.

Ein Tag am Wasser (1914).
Foto: Hilma Ljung
Ringelreihen (1916).
Foto: Hilma Ljung

Hilma Ljung verwendete für ihre Fotos eine 4x5-Zoll-Großformatkamera, die noch über keinen Film verfügte, sondern mit Glasplatten arbeitete – Glas war das erste verfügbare Trägermaterial für Fotoemulsionen. Erst als der Zelluloid-Rollfilm seinen fotografischen Siegeszug antrat, wurden die sperrigen Glasplatten, die auch leicht brechen konnten, allmählich abgelöst.

Wie Hilma zu ihrer Kamera kam, die doch recht teuer gewesen sein muss, ist nicht bekannt. Wie ihre Enkelin schreibt, dürfte sie die Kamera aber vermutlich von ihren Eltern erhalten haben. Hilma hinterließ etwa 400 belichtete Fotoplatten. Einige dieser Bilder sehen wir hier:

Familienausflug
Foto: Hilma Ljung
Vier Hände am Klavier
Foto: Hilma Ljung
Der Weihnachtsbaum wird erst geschmückt. Währenddessen hängt das Baby einfach mal rum.
Foto: Hilma Ljung

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Frauen, die sich der Fotografie widmeten, noch die große Ausnahme. Umso interessanter sind die Bilder von Hilma Ljung, die den weiblichen Blick auf ihre Umwelt in den emotionalen Fotos festhalten. Hauptsächlich Menschen stehen im Mittelpunkt ihrer Werke: spielende Kinder, fröhliche Augenblicke mit der Familie, aber auch die Arbeit auf dem Feld, der Alltag auf der Farm.
Ein Alltag, der nicht immer einfach war, denn es mussten fünf Kinder versorgt werden und weder Waschmaschine noch Staubsauger hatten bisher Einzug in den Haushalt gehalten. Diese neuartigen Geräte, die die Hausarbeit mit einem Mal ungemein erleichterten, waren bis weit in die 1930er-Jahre absolute Luxusgegenstände.

Im Leiterwagen mit der Nanny (1912).
Foto: Hilma Ljung
Am Sonntag wird gelesen (1921).
Foto: Hilma Ljung
Der Duft der Freiheit.
Foto: Hilma Ljung
Arbeit auf dem Feld – mit Zuschauer.
Foto: Hilma Ljung

Zu verdanken haben wir dieses kleine Zeitfenster, das einen kurzen Einblick in die schwedische Vergangenheit gewährt, vor allem zwei Menschen. Da ist zunächst Elisabeth Seipal, Hilmas Enkelin, die die Fotoplatten ihrer Großmutter aufbewahrte und sie somit davor bewahrte, in Vergessenheit zu geraten.

Und dann ist da noch Hendrik Paul, Fotograf aus San Francisco, dem Elisabeth den Schatz ihrer Großmutter übergab. Er erweckte die Negative, die in den Glasplatten schlummerten, zu neuem Leben und die ließ die Welt von Hilma Ljung 100 Jahre später wieder neu aufleben.

Puppenfamilie
Foto: Hilma Ljung
Was für ein Tag!
Foto: Hilma Ljung
Unterwegs mit Rindern - und der Schatten der Fotografin.
Foto: Hilma Ljung
Der Eislaufplatz.
Foto: Hilma Ljung
Schlittenfahrt.
Foto: Hilma Ljung

Der schwedische Winter ist dunkel, doch wenn es das Wetter erlaubte, wurde der Schlitten hervorgeholt und die Schlittschuhe wurden ausgepackt. (Kurt Tutschek, 18.9.2017)

Fotoquelle

  • Die Fotos wurden dem Autor von Hendrik Paul zur Verfügung gestellt.
  • Über die großartigen Fotos von Hilma Ljung ist auch ein hübscher Bildband erschienen: "Tilling the Past" bei Super Classy Publishing.

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