Demonstranten am Montag vor einer am Boden liegenden "Cumhuriyet"-Zeitung.

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Istanbul – Der Prozess gegen Mitarbeiter der regierungskritischen türkischen Zeitung "Cumhuriyet" wird am Montag in Istanbul fortgesetzt. Insgesamt 17 Mitarbeitern des Blattes wird die Unterstützung verschiedener Terrororganisationen vorgeworfen. Ende Juli hatte das Gericht die Untersuchungshaft für mehrere Angeklagte aufgehoben.

Die vier wichtigsten Beschuldigten blieben aber auf Antrag der Staatsanwaltschaft in U-Haft. Bei ihnen handelt es sich um Chefredakteur Murat Sabuncu, Herausgeber Akin Atalay, den Investigativjournalisten Ahmet Sik und den Kolumnisten Kadri Gürsel.

Zu den 17 angeklagten "Cumhuriyet"-Mitarbeitern gehört auch der frühere Chefredakteur Can Dündar, der aber im Exil in Deutschland lebt. Den Angeklagten in der Türkei drohen langjährige Haftstrafen. "Cumhuriyet" hatte berichtet, das Gericht wolle noch vor Jahresende ein Urteil fällen. Der Prozess gegen die Mitarbeiter einer der letzten regierungskritischen Zeitungen in der Türkei wird international als Schlag gegen die Pressefreiheit kritisiert.

Das International Press Insitute (IPI) – dessen Vorstand der inhaftierte Journalist Kadri Gürsel angehört – und weitere Organisationen kündigten an, Beobachter zur Fortsetzung des Prozesses zu entsenden. IPI kritisierte erneut, das Verfahren sei "politisch motiviert" und diene dazu, Kritiker der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan mundtot zu machen. Durch monatelange Untersuchungshaft würden die Angeklagten bestraft, ohne verurteilt worden zu sein.

Zum Prozessauftakt im Juli hatte Reporter ohne Grenzen (ROG) die Vorwürfe gegen die 17 "Cumhuriyet"-Angeklagten "absurd" genannt. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) forderte ein sofortiges Ende des Verfahrens und die Freilassung der Inhaftierten.

Nach Angaben von IPI sind derzeit mehr als 170 Journalisten in der Türkei inhaftiert – mehr als in jedem anderen Land der Welt. Die türkische Regierung vertritt den Standpunkt, dass Journalisten in der Türkei nicht wegen ihrer Arbeit, sondern wegen anderer Straftaten wie beispielsweise Terrorunterstützung inhaftiert würden. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 155 von 180. (APA, 11.9.2017)