Bild nicht mehr verfügbar.

Aufatmen nach der Freilassung: Schriftsteller Doğan Akhanlı.

Foto: AP/Paul White

Interpol sei längst reformbedürftig, die Koalition habe hier geschlafen, kritisiert Grün-Parlamentarierin Alev Korun.

Foto: apa/jäger

Der türkische Machthaber Tayyip Erdoğan verfolgt seine Kritiker – und die, die er dafür hält – seit längerem auch im Ausland. Zuletzt sorgte die Festnahme des deutschen Schriftstellers Doğan Akhanlı im Spanien-Urlaub für internationale Empörung – auch in der österreichischen Bundesregierung. Die Grünen werfen der rot-schwarzen Koalition nun vor, sich bei aller berechtigten Empörung über die aktuellen Repressalien bisher zu wenig dafür eingesetzt zu haben, dass die internationale Polizeikooperation nicht von autoritären Machthabern für ihre Zwecke missbraucht werden kann.

Zum Hintergrund: In der Organisation für internationale Polizeizusammenarbeit, Interpol, ist auch Österreich Mitglied. Interpol führt Verbrecherlisten, schreibt aber auch Auslieferungsersuchen aus. Ein solches Ersuchen zur Festnahme betraf auch Akhanlı, der in Granada auf Urlaub war. Es wurde von der Türkei an Interpol geleitet und von der Organisation an Spanien überstellt. Mittlerweile wurde der Schriftsteller wieder freigelassen, muss sich aber weiterhin regelmäßig bei der spanischen Polizei melden.

Antrag vertagt

Dass ein solches Vorgehen überhaupt möglich ist, kritisiert die grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Die Abgeordnete weist im STANDARD-Gespräch darauf hin, bereits vor zwei Jahren im Menschenrechtsausschuss des Parlaments die Regierung aufgefordert zu haben, sich für strengere Regeln bei Interpol-Ausschreibungen einzusetzen. SPÖ und ÖVP hätten den Entschließungsantrag vertagt. Laut Korun eine typische Art der Regierungsparteien, "zu sagen, wir wollen das nicht, wollen uns aber nicht deklarieren, indem wir dagegen stimmen".

Konkret hatte Korun gefordert, dass anerkannte Flüchtlingen von den Auslieferungsverfahren ausgenommen sind, wenn der Antrag auf Auslieferung von jenem Staat kommt, aus dem sie geflüchtet sind. Da Österreich durch Delegierte von Innen- und Justizministerium in der Generalversammlung vertreten ist, hätte es zumindest die Möglichkeit, eine solche Reform anzuregen. Zudem solle künftig ein unabhängiges Tribunal alle Festnahmeersuchen prüfen, fordern die Grünen. Das sei derzeit nicht der Fall. (sterk, 11.9.2017)