Ein Bild aus einem konfessionellen Kindergarten der St. Nikolausstiftung. Künftig müssen alle Betreiber die in der Einrichtung vermittelte Konfession angeben.

Foto: Sankt Nikolaus-Stiftung/Stefan Knittel

Wien – In Reaktion auf die Debatten um islamische Kindergärten hat die Stadt Wien einen Leitfaden erstellt. Religiöse Betreiber müssen ihren Glauben deklarieren und den Kindern Religionen in ihrer Vielfalt vermitteln.

Wien – In den Wiener Kindergärten gelten im Umgang mit Religionen ab sofort strengere Regeln. Am Montag informierte der zuständige Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) die Öffentlichkeit, dass ein neuer, nach den Debatten um sogenannte Islam-Kindergärten erstellter Leitfaden zum Thema "Ethik im Kindergarten – vom Umgang mit Religionen, Weltanschauungen und Werten" zur Anwendung komme.

Deklarationspflicht

Konkret sind Betreiber von Einrichtungen, die sich an einer einzigen Glaubensrichtung orientieren, nunmehr verpflichtet, diese den Eltern gegenüber offen zu deklarieren. Auch müssen sie – so der Leitfaden – erläutern, "wie die religiöse Erziehung stattfindet". Und sie müssen dafür Sorge tragen, dass "nicht nur eine Religion als ausschließliche Weltanschauung vermittelt" wird – sondern Religionen in ihrer pluralistischen Vielfalt.

Letzteres ist nicht auf islamische, katholische, evangelische oder jüdische Kindergärten sowie Horte beschränkt. Laut dem in den vergangenen Wochen erarbeiteten achtseitigen Dokument werden auch nichtkonfessionelle Kindergärten verpflichtet: Grundlage der Arbeit hätten "Ethik, Werte, Weltanschauung und Religion" zu sein, Ziel sei die "kultur- und religionssensible Bildung" der Kinder, heißt es in dem Leitfaden. Voraussetzung dafür seien "Anerkennung und Achtung" des demokratischen Rechtsstaats, der Gleichberechtigung nichtreligiöser und religiöser Menschen, der Geschlechter sowie Offenheit gegenüber der Pluralität der Gesellschaft.

Bisher, so Czernohorszky-Sprecherin Michaela Zlamal, hätten Kindergartenbetreiber all dies in ihrem Konzept festlegen können: "Künftig ist es ein Muss." Würden bei den "mindestens einmal jährlich" stattfindenden unangemeldeten Kontrollen Probleme festgestellt, müsse der Betreiber nachjustieren. Gelinge das nicht, könne es zur Schließung der Einrichtung gehen. Nachsatz; "Meist herrscht aber Kooperationsbereitschaft."

Auch per Gesetz fixiert

Neben dem Leitfaden ist eine Novelle des Wiener Kindergartengesetzes in Vorbereitung, die in dieselbe Kerbe schlägt. Laut Zlamal wird sie dieser Tage in die Begutachtung geschickt.

Die Neos lobten den Leitfaden. Derlei hätten sie schon länger gefordert. Die Stadt Wien sei nun aber gefordert, das Verlangte auch zu kontrollieren, sagte Bildungssprecher Christian Wiederkehr. Auch der Landesparteiobmann der ÖVP Wien, Gernot Blümel, sah sich bestätigt. Die "Erhebung der Konfession" sei essenziell, die rot-grüne Stadtregierung habe "eingesehen, dass das ewige Wegschauen ein Ende haben muss". Blümel fordert einen Kontrollplan inklusive Veröffentlichung der Kontrollergebnisse. (bri)

Studie vor Nationalratswahl

Im Zusammenhang mit Islam-Kindergärten haben Integrationsministerium und Stadt Wien außerdem schon im Vorjahr eine weitreichende Studie in Auftrag gegeben, an der auch der umstrittene Islamforscher Ednan Aslan mitwirkt. Laut Czernohorszky-Sprecherin sollen die Ergebnisse noch vor der Nationalratswahl präsentiert werden, voraussichtlich Anfang Oktober. Die Arbeit an der Studie sei gerade im Endstadium.

Aslan hatte mit einer ersten Studie 2016 für erhebliche Diskussion gesorgt, da sie gehörige Fehlentwicklungen in Islam-Kindergärten aufzeigte, gleichzeitig aber wegen methodischer Mängel kritisiert wurde. Diesen Sommer wurden Vorwürfe laut, das Integrationsministerium habe in Aslans Arbeit korrigierend eingegriffen beziehungsweise die Ergebnisse so zugespitzt, dass sie für die ÖVP besser verwertbar seien. Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) wies den Vorwurf wiederholt zurück.

Kurz bekräftigte nun in Anfragebeantwortungen an die Grünen und die Neos, dass Aslan bei der Erstellung seiner Studie zwei Referenten des Ministeriums um inhaltliches Feedback ersucht habe, ebenso wie einen Rechtsanwalt und einen Professorenkollegen aus Deutschland. Sämtliche Anmerkungen der beiden Integrationsexperten des Ministeriums "wurden auf Wunsch von Prof. Aslan vorgenommen und transparent ausgewiesen", so Kurz. Aslans Letztversion sei vom Ministerium unverändert auf der Webseite veröffentlicht worden. (bri, APA, 11.9.2017)