Das Auto per Schlüsselkommando in der Garage einparken lassen ist bereits Realität. Man sollte aber nicht weit weg gehen, sonst verweigert es den Gehorsam.

Foto: BMW

Bevor wir uns dem fahrerlosen Taxi anvertrauen – Beispiel VW Sedric ...

Foto: Volkswagen

... wird indes noch Zeit vergehen; bis man hinten im selbstfahrenden Auto büseln kann, auch.

Foto: Audi

Am einfachsten ist die Situation auf der Autobahn, da kann man bei vielen Herstellern heute schon kurzfristig die Hände vom Steuer nehmen.

Foto: Group PSA

Was das bringt? Eine Ahnung von dem, was bald kommt.

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Das Potenzial des autonomen Fahrens demonstrierte Audi Ende 2015 mit dem RS 7 concept auch auf dem Wiener Heldenplatz.

Foto: Audi

Wien – Der erste Schritt zum autonomen Fahren war der simple Tempomat. Geschwindigkeitregelanlage lautet der korrekte technische Terminus. Wie so oft kam der Impuls dazu von den Amis, die lieben Komfort, und auf den endlosen Highways kann man bei aktiviertem System in Seelenruhe sein Fastfood verzehren und edle, moussierende Kulttropfen aus Atlanta-Südlage ihrer Endbestimmung zuführen. Der Fullsizemensch kommt schließlich nicht von nix.

Chrysler vor Mercedes

Erstmals kam so etwas 1958 bei Chrysler zum Einsatz, 1962 folgte Mercedes – heute machen's alle, anstelle der früheren mechanischen Systeme sind aber längst elektronische Regler im Einsatz.

Nachteil? Starr und stur ist damit eine Geschwindigkeit fixiert, und bergab können viele noch nicht einmal richtig das Tempo mittels (Motor-)Bremseingriffs halten. Was also tun, um nicht bei jedem voranfahrenden Auto eine Kofferrauminspektion zu unternehmen, sondern automatisch das Tempo zurückzunehmen und in konstanten Hinterherfahrabstand umzumünzen? Der adaptive Tempomat war der logische nächste Schritt.

Die Systeme dahinter

Klingt simpel, aber da wird die Sache schon ganz schön komplex. Was brauchen wir zusätzlich? Eine Menge voraus- (und zurück-) schauende Sensoren, Radar für Kurz-, Mittel-, Langstreckenerfassung, Infrarotsysteme, optische Kameras, und alle müssen sie miteinander kommunizieren, müssen permanente Lagebesprechungen abhalten und die Resultate umgehend auf die Straße bringen.

Erstmals kam ein solcher adaptiver Tempomat 1999 in der Mercedes-S-Klasse als "Distronic" zum Einsatz, das System steckte voller Kinderkrankheiten – in jeder Kurve auf der Autobahn bremste der Benz herunter, weil er meinte, die detektierte Leitplanke sei das Ende der Welt, von dem herunterzufallen man die Insassen tunlichst schützen müsse; Ehrensache für den höchstrangigen Sternträger.

Alltagstaugstauglich

Inzwischen funktioniert das halbwegs alltagstauglich, es hat auch fast jeder, und da ist ein ganzer Schwung weiterer sicherheitsrelevanter Sensorik hinzugekommen, Assistenzsysteme sagt man dazu. Sofern nicht grässliche Witterungsbedingungen herrschen, werden Autos im toten Winkel erkannt, auch Tempolimits, Spuren gehalten und sogar (wiederum Mercedes) per Tippen auf den Blinker selbsttätig gewechselt, in der Stadt leitet der Wagen notfalls von selbst eine Vollbremsung bis zum Stillstand ein, Navigationssysteme führen uns gewissenhaft ans Ziel, leiten uns notfalls um Staus herum, und, und, und.

Kinderkrankheiten

Auch hierbei sind wieder jede Menge Kinderkrankheiten zu beobachten. Du fährst beispielsweise auf die Ampel zu und willst bremsen, wenn du es für richtig hältst. Plötzlich geht es wie wild im Auto zu, Lamperl flackern, Fanfaren tröten, und dann bremst das Vehikel auch schon, dass es dich in die nahkampfmäßig vorgespannten Gurte wirft. Oder unterwegs mit zwecks Feldversuch aktiviertem Adaptivtempomat am Wiener Gürtel, auf der Tangente – der Abstand zum Vorderfahrzeug ist viel zu groß, ständige quetscht sich wer in die Lücke. Muss aber (noch) so sein, die Hersteller haben schließlich unzählige Sicherheitsvorschriften zu erfüllen.

Was war passiert? Irgendwann wurde erkannt, dass man die ganze Sensorik schlau miteinander vernetzen kann. Der Fortschritt in der Elektronik wirkte sich segensreich aus, und damit kommen wir zu einem springenden Punkt. Bereits jetzt ist in jedem banalen sagen wir VW Golf eine Rechnerleistung installiert, die die Mondlander der 1960er-, 70er-Jahre vor Neid erblassen lassen würde.

Infrastruktur in Kinderschuhen

Um zum selbstfahrenden Auto zu kommen, muss die Computerleistung allerdings noch viel gigantischere Dimensionen annehmen. Denn das zu bewältigende Szenario hat es in sich. Autos sollen miteinander kommunizieren. Sie sollen sich mit intelligenter Infrastruktur austauschen – dieses Thema steckt übrigens noch komplett in den Kinderschuhen; von ein paar simplen adaptiven Überkopftempoanzeigen auf Autobahnen abgesehen ist das Feld noch weitgehend unbeackert.

Für deutlich mehr Präzision auch dreidimensionaler Art (zur Fläche kommt die Höhe) bei den Navis wird das europäische GPS-Konkurrenzsatellitensystem Galileo sorgen, das derzeit sukzessive in Dienst geht und 2018 nach vielen Verzögerungen endlich seinen regulären Betrieb aufnehmen soll. Es muss weiters hochauflösendes Kartenmaterial her; Google freut sich schon – und die Autobauer haben die Herausforderung durch diesen und andere IT-Riesen, die allesamt in das lukrative und prestigeträchtige Geschäft drängen, erkannt: Daimler, BMW und Audi bauen ihren von Nokia übernommenen Kartendienst Here zügig aus, um den Amis Paroli zu bieten.

Im Brennpunkt

Schon das zeigt, welche Interessenfelder plötzlich hereinspielen, wie sehr das Automobil durch das Schlagwort autonomes Fahren im Brennpunkt der Hochtechnologie steht. Dabei sind die wirklich heiklen Themen noch kaum angerissen. Versicherungstechnische etwa – wer ist schuld am Unfall? Auto(-Hersteller) oder Fahrer? Oder ethische – entscheidet künftig der Roboter über Leben und Tod und wählt in kritischen Situationen aus, ob das Auto besser in die Wand fährt (und dabei die Insassen zu Schaden kommen) oder einen Passanten umnietet?

Von Visionen hört man viel in diesem Umfeld, null Unfälle, null Personenschaden, begrüßenswert menschenfreundliche Ansätze, aber es stecken natürlich knallharte wirtschaftliche Interessen dahinter. Auch der gläserne Pilot ist bereits Realität, die gläserne Pilotin, und mit dem ab 31. März 2018 verpflichtend in alle neuen Autos eingebauten automatischen Notrufsystem eCall bekommt das noch eine neue Dimension. Jeder Millimeter Wegstrecke zu jeder Sekunde ist dann protokolliert, das dazupassende kriminelle und überwachungstechnische Potenzial zeichnet sich schon schemenhaft ab, brave new world.

Hochautonom fahren

Die nächsten Schritte beim autonomen Fahren? Es gilt, noch drei Sprossen der Leiter – insgesamt fünf sind es gemäß Wiener Konvention – zu nehmen. Alles, was heute unter diesem Schlagwort läuft, fällt unter Level eins bis zwei. Der zu Jahresende startende Audi A8 ist der Erste, der dank österreichischer Technik (die zentrale Fahrerassistenzsystemplattform stammt von TTTech, wie denn überhaupt ein Großteil der Innovationen in dem Bereich von Autozulieferern generiert wird) "hochautonomes Fahren", wie das so schön und einprägsam heißt, ermöglichen soll.

Um dort die Hände länger vom Steuer nehmen zu dürfen, müssen aber auch erst die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen sein. Man sieht, bis die rollenden Roboter uns das Steuer endgültig aus der Hand nehmen, wird noch einige Zeit vergehen. Schlecht? Wir werden der Zeit noch nachweinen, in der man Spaß am Selberfahren haben konnte. (Andreas Stockinger, 13.9.2017)