Diese virtuelle New Yorker Wohnung ist das Zentrum von "Connect". Die App ist als All-in-One-Lösung für soziale Netzwerke wie Facebook und Whatsapp gedacht.

Foto: e.com

Graz/Wien – Ein großzügiges Loft im 57. Stock der New Yorker Lexington Avenue, das einem frei zur Verfügung steht. Aber leider nur virtuell. Das Loft ist das Zentrum der App "Connect" des Grazer Start-ups e.com. Die App ist als All-in-one-Lösung gedacht. Der Nutzer braucht also nicht mehr verschiedene Anwendungen, sondern soll mit Connect sämtliche digitale Inhalte vom virtuellen Loft erreichen können. Das Apartment ist stark auf die Nutzung mit Virtual-Reality-Brille ausgerichtet, aber auch eine 2D-Nutzung am Handy oder PC ist möglich.

Daneben startet die App mit Connect ein gleichnamiges neues soziales Netzwerk. Allerdings mit Multi-Messenger-Funktion. Das heißt, innerhalb von Connect können etwa Facebook- und Whatsapp-Nachrichten verschickt werden. So will man es Nutzern erleichtern, auf die neue europäische Facebook-Alternative umzusteigen, obwohl deren persönliches soziales Umfeld noch nicht dorthin gewechselt ist. Bisher war dies eine große Einstiegsbarriere für neue soziale Netzwerke.

Skepsis in Start-up-Branche

In der Start-up-Branche zeigt man sich gegenüber Connect eher skeptisch. Die App löse weder ein immanentes Problem, noch verfüge sie über eine disruptive Idee – wichtige Merkmale für erfolgreiche Start-ups. Auch ist für viele kein klarer Nutzen erkennbar. "Worin liegt der Unterschied, ob ich an diesem virtuellen oder meinem echten Schreibtisch sitze?", fragt ein Branchenvertreter.

Nicht alle sehen das so kritisch. Ein Analyst spricht vom Potenzial der App. Spannend zu sehen sei, welche Features von den Endkunden tatsächlich genutzt werden. Connect könne hier ein gutes Markttestungstool sein. Bereits seit zwei Jahren arbeiten die Grazer rund um Gründer Michael Schöggl zu zehnt an der App. Im Herbst werden nach und nach die einzelnen Features veröffentlicht.

Banken und Kleininvestoren

Als Zielgruppe definiert man Early Adopter, die bereits mit Virtual Reality vertraut sind. Eine Million Euro Finanzierung hat das Start-up aufgestellt. Die Hälfte über Bankkredite, ein weiteres Viertel hat der Gründer selbst eingebracht, den Rest finanzierten Kleininvestoren.

Für klassische Risikokapitalfirmen wie Speedinvest ist es laut Schöggl ohne relevante Nutzerzahlen noch zu früh, um zu investieren.

Für Connect wäre es wohl besser gewesen, ein noch unfertiges Produkt zu einem früheren Zeitpunkt zu veröffentlichen, heißt es aus der Branche. Der Vorteil: Man hätte das Feedback der Nutzer in die Entwicklung einbinden können. Denn auch für Connect besteht eine Falle, in die schon etliche Start-ups getappt sind: Nach langer Entwicklung fehlt das Geld, um das Produkt nach dem Marktstart noch in die richtige Richtung weiterentwickeln zu können.

Kritik am Geschäftsmodell

Auch das Geschäftsmodell überzeugt nicht jedermann. Connect will mit In-App-Verkäufen und Product-Placement im virtuellen Apartment Geld verdienen. Dafür braucht es jedoch hohe Nutzerzahlen. Es darf jedoch bezweifelt werden, ob in Österreich eine kritische Masse besteht. Virtual Reality ist in privaten Haushalten noch nicht angekommen.

Für einen Entwickler ist Connect ein klassisches Beispiel für "Featureritis", ein Problem, das laut einem Branchenexperten in Österreich häufig auftritt: Damit sind Entwickler gemeint, die sich nicht auf das für Nutzer wirklich wichtige Kern-Feature konzentrieren, sondern sich bei dem Versuch verzetteln, ihre App gewissermaßen zur eierlegenden Wollmilchsau zu machen – mit der Erwartungshaltung: Die Nutzer werden schon kommen. (Felix Diewald, 12.9.2017)