Bild nicht mehr verfügbar.

Aung San Suu Kyi wurde bis vor kurzem weltweit als Heldin geehrt.

Foto: AP Photo/Aung Shine Oo, File

In Indien zünden Demonstranten ein Plakat mit dem Gesicht der einstigen Ikone an.

Foto: imago/Pacific Press Agency

Dass Demonstranten in aller Herren Länder mit dem Antlitz von Aung San Suu Kyi für ihre Sache werben, überrascht nicht: Jahrelang war die heute 72-Jährige die prominenteste politische Gefangene der Welt. Ihr Name stand emblematisch für gewaltfreien Widerstand gegen Gewaltherrschaft – und gegen jene der myanmarischen Generäle im Speziellen, die sie von 1989 bis 2011 mit Unterbrechungen in Hausarrest isolierten, aber auch gegen alle anderen Diktatoren, für die Menschenrechte herzlich wenig zählen.

Neu ist freilich, dass Demonstranten von Pakistan bis Indonesien die Plakate, auf denen die Friedensnobelpreisträgerin zu sehen ist, verbrennen, ihr Gesicht mit Hitler-Bart versehen oder schlicht durchstreichen. Suu Kyi, die seit den ersten freien Wahlen 2015 Myanmar als "Staatsrätin" de facto regiert, ist tief gefallen. "Nicht die Macht korrumpiert", schrieb sie in ihrem 1991 erschienenen Buch "Freedom from Fear", "sondern die Angst, sie zu verlieren." Nun scheint es so, als halte gerade sie ebenjene Angst fest im Griff.

"Fake-News"

Die Mutter zweier Söhne, von denen sie während ihres Hausarrests so lange getrennt war, schwieg, als Myanmars Armee hunderte Zivilisten der muslimischen Rohingya-Minderheit ermordete, Dörfer brandschatzte und Hunderttausende vertrieb. Als die Uno das Vorgehen der Soldaten als "ethnische Säuberung" bezeichnete, sprach sie von "Fake-News" und von "Terroristen", die man bekämpfen werde. Den geplanten Besuch in New York, wo die Uno-Generalversammlung tagt, sagte Suu Kyi kurzfristig ab.

Die einstige Ikone sei eben "eine Politikerin durch und durch und habe als Ziel einzig ihre Wiederwahl", konstatierte die Uno-Sonderberichterstatterin. Tatsächlich werfen Kritiker der in Oxford ausgebildeten Tochter eines Unabhängigkeitskämpfers schon länger mangelnde Empathie für die Rohingya vor, die von vielen im mehrheitlich buddhistischen Land als Einwanderer betrachtet und abfällig "Bengalis" genannt werden.

Wahlkalkül

Dass sich Suu Kyi weder mit der noch immer allmächtigen Armee überwerfen noch auf die Stimmen der buddhistischen Nationalisten, die den Muslimen sämtliche Bürgerrechte absprechen, verzichten will, könnte ein Grund dafür sein, dass Myanmars so lange unterdrückte Stimme der Freiheit nun nicht für die unterdrückte Minderheit im eigenen Land laut werden will. (Florian Niederndorfer, 13.9.2017)