Günther Paal alias Gunkl doziert wieder Merksätze.

Foto: Georg Fuderer

Wien – Wenn man zu einem H. C. Artmann einen Konrad Paul Liessmann addiert und das Ganze durch einen halben Alfred Dorfer dividiert, kommt am anderen Ende der Rechnung mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ein Günther Paal alias Gunkl heraus. Das muss man nicht verstehen und auch nicht mögen. Die Mischung aus surrealistischer Sprachverliebtheit, Professorengelaber und gut platzierten Wachrüttlern ober- und unterhalb der politischen Gürtellinie besticht aber auch nicht durch den schnell ins Krügerl gehusteten Stehtischwitz.

Gunkl betreibt ein Kabarett der Versachlichung, bei dem man wie früher in der Mathematikstunde schon gut aufpassen und sich die runtergeratterten Sätze noch ein paar Mal durchs Gewinde drehen muss, ehe irgendwo in der Großhirnrinde dann die Entscheidung fällt, ob man das Gehörte jetzt lustig finden oder besser gähnend nach Sauerstoff ringen soll.

Meistens ist das aber dann auch schon wieder egal, weil Gunkl seinen rund 90-minütigen Vortrag in Zinnsoldatenfußstellung längst schon wieder in neue, auch für denksporterprobte Kabarettbesucher tiefe Geistestiefen weitergetrieben hat. Am Dienstag präsentierte Gunkl im Wiener Stadtsaal sein zwölftes Solo mit dem Titel Zwischen Ist und Soll.

"Wenn der Herbst eine Frau wäre, dann müsste er Paul heißen und nach Brot riechen", heißt es da eingangs recht surreal. Und ehe man tatsächlich beginnt, über den Satz nachzudenken, ist Gunkl schon dabei, eine Sprinteinheit in Sachen Kommunikationspsychologie und Erkenntnistheorie hinzulegen. "Gehört wird nicht das, was gesagt wird, gehört wird das, was gehört werden will", erklärt Gunkl, weswegen beim Song All By Myself das davorstehende "Don't wanna be" gern überhört werde.

Politisch muss bei Gunkl kein Kurz und kein Kern, kein H.-C. und kein Pilz vorkommen, um die Herren zwischen den Zeilen dennoch mit ins Gebet zu nehmen. "Nur darüber zu reden, was wir gemeinsam haben, ist gefährlich. Darüber, was uns trennt, müssen wir reden", weiß Gunkl. Und wenn man dann draufkommt, dass man einander nicht versteht, dürfe man nicht aufgeben. Dann fange die Arbeit nämlich erst an.

Harte Arbeit war auch die Quantifizierung der Welt, der sich Gunkl im letzten Drittel zuwendet. Kritik gibt's am Gebot, immer noch besser werden zu müssen, es mit dem ewigen Soll nicht einmal sein lassen zu können. "Denn wenn mehr immer besser ist, dann ist viel nie genug." Als "philosophische Notwehrwaffe" helfe vor allem – eh klar – der Humor. Diesbezüglich ist bei Gunkl nicht jeder Schuss ein Volltreffer. Aber was nicht sein soll, muss auch nicht werden. Es ist schon okay so. (Stefan Weiss, 13.9.2017)