So hatte "Stormlands" ausgesehen.

Foto: Obsidian/Eurogamer

Als die Xbox One noch in der Entwicklungsphase hatte Microsoft neben "Titanfall" ein weiteres heißes Eisen im Feuer, das man bei einem externen Studio in Auftrag gegeben hatte: "Stormlands". Hersteller Obsidian arbeitete unter diesem Titel an einem gigantischen Online-Multiplayer-Rollenspiel, das in der Hochphase der Planung revolutionäre Konzepte wie Raids für eine Million Spieler oder über die Cloud automatisiert erstellte Highlightvideos realisieren hätte sollen. Dabei war beabsichtigt, "Stormlands" als Zugpferd zum Marktstart der Xbox One herauszubringen. Daraus wurde jedoch letztendlich nichts, wie die Seite Eurogamer in einer ausführlichen Reportage berichtet. Noch bevor die apokalyptische Mischung aus "The Witcher 3", "World of Warcraft" und "Prince of Persia" das Licht der Öffentlichkeit erblicken konnte, drehte Microsoft nach mehrjähriger Entwicklung den Geldhahn zu.

"Der größte Vertrag, den wir je unterschrieben haben"

Laut Obsidians Geschäftsführer Feargus Urquhart sei das Projekt letztendlich an Microsofts eigenen Ambitionen gescheitert. Zunächst war das Rollenspiel als actionlastiges Koop-Abenteuer ausgelegt worden in einer Welt, die von gewaltigen Stürmen gezeichnet wurde. Doch als Microsoft auf den Cloud-Trend aufsprang, wollte man etwas deutlich Größeres daraus machen und erhöhte die Investitionen in das Projekt. Der IT-Riese war auf der Suche nach einem Flaggschiff für die Online-Features der Konsole. "Der Deal war der größte Vertrag, den wir je unterschrieben haben", verrät Urquhart. Dem Entwickler zufolge schwebte Microsofts Manager zunächst eine Art Shared-World-System vor, wie man es von "Destiny" erkennt. In dem Koop-Abenteuer würden ab und an riesige Kreaturen auftauchen, die aber nicht nur für einzelne Spieler sichtbar werden, sondern für mehrere, die gerade online sind. Aus dem Solo- oder Koop-Spiel würde dann dynamisch eine Art MMO mit Raids für dutzende Spieler gleichzeitig. Danach gingen die Ideen erst so recht durch die Decke und der Vorschlag für einen Eine-Million-Spieler-Raid kam.

Zwischen den Stühlen

Wenngleich die Aussage nicht wörtlich genommen wurde, war klar, dass Microsoft viel vor hatte mit dem Projekt und letztendlich wohl auch über das Ziel hinausschoss. Denn Obsidian stand nicht nur unter einem enormen zeitlichen Druck, all die Features bis zum Marktstart der Konsole im November 2013 umzusetzen, sondern auch vor einem technischen Problem: Damals erfolgte gerade erst der Wandel von Epics Entwicklungssoftware Unreal Engine 3 auf die Eunreal Engine 4, wodurch man gezwungen gewesen wäre, entweder noch auf das limitierte Auslaufmodell zu setzen oder eine eigene Engine zu bedienen, die ebenfalls noch keinen großen Online-Fokus hatte.

Im März 2012 erhielt Obsidian schließlich einen Anruf von Microsoft, dass "Stormlands" eingestellt wird. Für das Studio, so Urquhart, kam die Einstellung zwar nicht überraschend, es war dennoch ein harter Schlag, auf den viele Entlassungen folgten.

Happy End

Für Obsidian nahm die Geschichte dennoch ein glückliches Ende. 2014 konnte man für Ubisoft erfolgreich "South Park: Der Stab der Wahrheit" herausbringen, 2015 folgte der Indie-Hit "Pillars of Eternity" und 2016 das Spiel "Tyranny" unter Herausgeber Paradox, für das man zahlreiche Assets von "Stormlands" weiterverwenden konnte. (zw, 14.9.2017)