Wladimir Putin kommt nicht, Xi Jinpin nicht, Angela Merkel nicht. Dafür ist Österreich gleich zwei Mal bei der Eröffnung der UN-Generalversammlung in New York vertreten: mit der Nummer eins in der Hierarchie, Präsident Alexander Van der Bellen, aber auch mit Außenminister Sebastian Kurz. Von dem, so Kritiker, könnte man eigentlich erwarten, dass er wie die wahlkämpfende Merkel zu Hause Wählerstimmen generieren sollte.

Doch wozu? Die türkis-schwarze Kampagne läuft mehr als zufriedenstellend. Ähnlich wie Merkel kann es sich Kurz leisten, vergleichsweise selten persönlich aufzutreten. Er ist in der kommoden Situation, die Stichworte vorgeben zu können und sich so wenig wie möglich in unvorhersehbare Debatten verwickeln zu lassen, die seiner Strategie schaden könnten. Da ist es durchaus sinnvoll, sich für rund 90 Stunden aus Österreich zu verabschieden und stattdessen das Land bei der Uno zu repräsentieren. Immerhin gehört das zu den zentralen Aufgaben eines Außenministers.

Und dass Kurz in New York bilateral unter anderem mit den Chefdiplomaten von Libyen und Ungarn zusammentrifft, ist ohnehin Wahlkampf in eigener Sache – geht es doch in beiden Fällen inhaltlich um Flüchtlingspolitik, das zentrale Thema, mit dem Kurz zu punkten weiß. Um Wahlkampf zu betreiben, muss der ÖVP-Chef nicht in Österreich bleiben, wenn er stattdessen mit Macron, Kissinger, May und Rohani aufwarten kann. (Gianluca Wallisch, 18.9.2017)