Wien – Von Gewalt betroffene Frauen gehen selten zur Polizei, wissen häufig nicht, wohin sie sich wenden können, oder melden sich aus Scham nicht, sagte Gesundheits- und Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Deshalb finde im "Gesundheitssystem oft der Erstkontakt für von Gewalt betroffene Frauen" statt. Allerdings erkenne das Personal "oft nicht, dass Gewalt hinter den Verletzungen steht, es ist oft überfordert, wie es helfen soll und was es raten soll". Diese sensible Kommunikation müsse man erlernen.

Seit November 2015 wurden spezifische Ausbildungsinhalte für die Gesundheitsberufe erarbeitet, die nun in die Lehrpläne übernommen werden sollen. Die Gespräche mit Fachhochschulen und Universitäten und die entsprechende Schulung des Ausbildungspersonals sollen bis Dezember 2018 erfolgen – unter Federführung von Projektleiterin Anneliese Erdemgil-Brandstätter, Frauenberaterin im Verein Kassandra.

Gewalterkennung schulen

Etwa ab Wintersemester 2019/20 soll die Ausbildung des Krankenpflegepersonals und der Ärzteschaft die entsprechenden Module umfassen. Es soll unter anderem um das Erkennen von Gewalt gehen, Wissen über Traumata soll vermittelt werden sowie der Umgang mit Aggression und Gewalt im Arbeitsbereich. Entsprechende Pläne gibt es auch für kürzere Ausbildungen, etwa für angehende Rettungssanitäter und Ordinationsassistenten. Auch Fortbildung für bereits im Beruf stehendes Gesundheitspersonal könnten ein weiterer Schritt sein.

Mehrere tödliche Gewaltdelikte an Frauen in den vergangenen Tagen, unter anderem der Mord an einer 14-Jährigen, hatten Forderungen nach verpflichtenden Beratungsmaßnahmen für Gefährder laut werden lassen. Auch die Möglichkeit, in solchen Fällen rascher U-Haft zu verhängen, wurde gefordert. Sie sei prinzipiell offen für gezielte Täterarbeit, sagt Rendi-Wagner dazu. Ihr vorrangiges Ziel sei aber, dass sich mehr von Gewalt betroffene Frauen melden und darüber Bescheid wissen, wohin sie sich wenden können.

Informationskampagne startet

Das Ministerium startet noch im September eine Kampagne, die darüber informiert, wohin sich Frauen im Fall von Gewalt wenden können. "Der Gewalt keine Chance!" informiert über die Frauenhotline 0800-222-555, digitale Selbstverteidigungskurse, Hilfseinrichtungen und Informationsbroschüren. (spri, 19.9.2017)