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Der rote Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil wird von Airbus unter Druck gesetzt – wirklich fürchten muss er sich aber nicht.

Foto: REUTERS/HEINZ-PETER BADER

Wien – Hans Peter Doskozil kann weiterhin beruhigt schlafen. Der Verteidigungsminister habe aller Voraussicht nach nichts zu befürchten, ist der Verfassungsjurist Heinz Mayer überzeugt. Airbus, der Rüstungskonzern und Eurofighter-Hersteller, will nämlich gegen den SPÖ-Politiker vorgehen – nicht nur gegen ihn als Vertreter der Republik, sondern auch gegen ihn als Person. "Das ist wohl nicht sehr aussichtsreich", sagt Mayer.

Doch auch völlig unabhängig von dem aktuellen Fall: Politiker haften selten persönlich für ihr Tun. Neos-Kandidatin Irmgard Griss pocht deshalb bereits seit längerem auf eine "Politikerhaftung", wie sie es nennt. Minister, die nicht verantwortungsvoll agieren, könnten nach der Vorstellung der früheren Präsidentin des Obersten Gerichtshofs dann im Extremfall zivilrechtlich belangt werden – und würden sich daher im Vorfeld umfassender informieren und schließlich sorgfältiger entscheiden, glaubt Griss.

"Im Grunde gibt es diese Art der Haftung schon", sagt der Verfassungsexperte Mayer. "Allerdings vor allem in der Theorie."

Staat könnte Geld zurückholen

Eines der schlagkräftigsten Instrumente, um gegen staatliches Fehlverhalten vorzugehen, ist die Amtshaftung. Wenn ein Staatsbediensteter, der hoheitlich handelt, jemandem durch rechtswidriges Verhalten Schaden zufügt, haftet vorerst die jeweilige Gebietskörperschaft, also der Bund, das Land oder die Gemeinde. Ein Beispiel wäre ein Unternehmen, das den Bund klagt, weil sich ein Minister nicht an die Vergaberichtlinien gehalten hat.

Die zuständige Gebietskörperschaft kann sich das Geld dann vom betroffenen Beamten oder Politiker via Regressforderung zurückholen – eigentlich. "Die Amtshaftung funktioniert inzwischen recht gut, der Regress trifft aber, wenn überhaupt, Beamte und nicht Politiker", sagt der Verfassungsjurist Theo Öhlinger, der anfügt: "Eine Krähe hackt der anderen nicht das Auge aus."

Rechnungshof einbinden

Sein Kollege Mayer sieht das ganz ähnlich: "Das funktioniert einfach nicht, oft müssten Politiker ja quasi gegen sich selbst oder Parteifreunde vorgehen." Der Verfassungsjurist schlägt nun die Einbindung des Rechnungshofs vor. "Man muss die Klagebefugnis von den politischen Instanzen wegbringen", sagt Mayer. Der Rechnungshof könnte seiner Ansicht nach für die Republik Regressansprüche sowie sogenannte Organhaftungsansprüche stellen. "Dann wäre das Kontrollorgan auch nicht mehr so zahnlos."

Die Organhaftung ist im Grunde dasselbe wie die Amtshaftung, nur ist der Geschädigte nicht ein privater Dritter, sondern der Staat selbst. Sie würde etwa schlagend, wenn ein Minister vorsätzlich seinen Dienstwagen gegen die Wand fährt. Der Bund könnte sich den Schaden dann vom Minister via Regress zurückholen.

"Hinausreden" verhindern

Karl Weber, Leiter des Instituts für öffentliches Recht der Universität Innsbruck, hält den Vorstoß Mayers für "sehr sinnvoll". Anstelle des Rechnungshofs könne man seiner Ansicht nach auch die Generalprokuratur des Obersten Gerichtshofs damit befugen, auf Regress zu klagen. Darüber hinaus regt der Verfassungsrechtler an, dass die Organhaftung "griffiger" werden müsse. Derzeit könnten sich Politiker eigentlich immer darauf hinausreden, dass sie es nicht besser gewusst hätten. Die Organhaftung greift nämlich nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. "Leichte Fahrlässigkeit sollte wie bei jedem anderen eigentlich ausreichen", sagt Weber.

Immerhin denkbar ist bei Rechtsverletzungen durch Politiker auch eine Ministeranklage – eine solche müsste bei Bundespolitikern der Nationalrat, bei Landespolitikern der Landtag beschließen. Sie würde zum Amtsverlust führen. Das ist in der Zweiten Republik allerdings erst ein einziges Mal vorgekommen. "Effektiv ist, wenn die Bürger jemanden abwählen", sagt Öhlinger. (Katharina Mittelstaedt, 20.9.2017)