Wien – Der "Kronen Zeitung"-Kolumnist Michael Jeannée hat mit einer im April erschienenen Kolumne das Ansehen des ORF sowie einer für den ORF tätigen Trainerin verletzt und gegen den Ehrenkodex für die Österreichische Presse verstoßen. Das befindet der Presserat in einer aktuellen Entscheidung, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Hintergrund ist die Debatte, die sich vergangenen Frühling über die ORF-TV-Information und den "Zeit im Bild 2"-Moderator Armin Wolf entsponnen hatte. In seiner Kolumne "Post von Jeannée" schrieb der "Krone"-Mann unter Berufung auf einen "ORF-Whistleblower" über ein ORF-internes Interviewtechnik-Seminar. Dort habe eine deutsche Trainerin "das Verhindern rechter Politik und derer Proponenten" als Ziel genannt. Interviewpartner müsse man "in die Enge treiben", habe die Trainerin gemeint, als "leuchtendes Vorbild" dafür habe sie Wolf genannt.

Trainerin bestreitet Jeannees Darstellungen

Die Trainerin wandte sich an den Presserat und bestritt diese Darstellungen Jeannées entschieden. Der Senat 2 des Presserats schaute sich auch ihr Vortragskonzept näher an und kam zu dem Schluss, dass "daraus die erhobenen Vorwürfe nicht hervorgehen". In der Kolumne werde – "wenn auch in Form eines Zitats eines namentlich nicht genannten Informanten" – sowohl gegen die Trainerin als auch indirekt gegen den ORF der Vorwurf erhoben, Journalisten des ORF würden dahingehend geschult, die Vertreter einer bestimmten politischen Richtung in Interviews gezielt in ein schlechtes Licht zu rücken. "Ein derartiger Vorwurf greift sowohl in das Ansehen der Trainerin als auch des ORF ein", so der Presserat.

Jeannée habe die "ihm zugetragenen Vorwürfe nicht weiter geprüft", er habe die Trainerin zudem namentlich genannt. Somit liege ein Verstoß gegen das im Ehrenkodex für die Österreichische Presse festgehaltene Gebot der korrekten und gewissenhaften Recherche vor, so der Senat 2. Darüber hinaus hätten Trainerin und ORF die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten müssen. Die "Kronen Zeitung" hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats bisher nicht anerkannt. (APA, 20.9.2017)