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Immerhin habe man einander nicht mit Schuhen beworfen, sagte US-Außenminister Rex Tillerson nach dem Treffen mit seinen Kollegen aus Russland, China, Frankreich, Deutschland und dem Iran zur Zukunft des Iran-Deals.

Foto: AP / Craig Ruttle

New York – "Es war eine tragische Sitzung", sagt Sigmar Gabriel, als er am Donnerstag in der deutschen UN-Mission in New York mit Journalisten spricht. Als tragisch habe er sie empfunden, weil man ja gerade versuche, Nordkorea zu einem Dialog nach dem Beispiel der Nuklearverhandlungen mit dem Iran zu bewegen.

Alle, auch die Amerikaner, seien der Meinung, dass sich wirtschaftlicher Druck mit Gesprächsangeboten paaren müsse, um Pjöngjang an der atomaren Aufrüstung zu hindern. Wenn dann gleichzeitig eine Sitzung stattfinde, in der das einzige existierende Abkommen, das dabei als Vorbild dienen könne, kaputtgemacht werde, sei dies nicht hilfreich.

Es sei kontraproduktiv, sagt Gabriel über eine Runde, bei der sich am Abend zuvor die Außenminister der USA, Chinas, Russlands, Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands mit ihrem iranischen Amtskollegen trafen: "Was soll Nordkorea dann noch motivieren, in Verhandlungen einzutreten über einen Vertrag, der Sicherheit garantiert, wenn es im Gegenzug auf Nuklearwaffen verzichtet?"

Später wird der deutsche Außenminister vor der Uno-Vollversammlung ankündigen, Soforthilfe für das zerstörte Mossul zu leisten. 250 Millionen Euro wird Deutschland in die vom "Islamischen Staat" (IS) zurückeroberte irakische Stadt fließen lassen, damit deren geflohene Bewohner zurückkehren können.

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Mossul, 5. August 2017.
Foto: REUTERS/Suhaib Salem TPX

Es ist eine kaum beachtete Fußnote, die Causa Iran das alles dominierende Thema im Hauptquartier der Vereinten Nationen. Vieles dreht sich um die Differenzen zwischen Europäern und Amerikanern, die in gewisser Weise an die Kontroverse vor der Irak-Invasion des Jahres 2003 denken lassen.

Allerdings stehen die USA diesmal allein da, während sie sich damals zumindest auf die Briten verlassen konnten. Während Präsident Donald Trump deutlich macht, dass er die Vereinbarung aushebeln wird, falls nicht nachgebessert wird, warnen die Europäer vor einem Präzedenzfall, der den Diplomaten bei eventuellen Atomgesprächen mit Nordkorea das Handwerk unendlich erschweren würde.

Tillerson traf Zarif

Immerhin habe man einander nicht mit Schuhen beworfen, schildert US-Außenminister Rex Tillerson, der erstmals mit seinem iranischen Widerpart Mohammad Javad Zarif an einem Tisch saß, die Atmosphäre. Der Ton sei sachlich gewesen, man habe sich nicht angebrüllt. Rein technisch, gesteht Tillerson zu, halte sich Teheran an die Auflagen.

Was es allerdings nicht erfülle, seien die Erwartungen, die Amerika mit dem Deal verbunden habe: Der Iran destabilisiere den Nahen Osten, indem er beispielsweise Terrorgruppen unterstütze. Trump, so Tillerson im Sender Fox News, wolle den Vertrag neu verhandeln. Von dieser Notwendigkeit, fügt er an, wolle man die europäischen Verbündeten ebenso wie Chinesen und Russen überzeugen.

Deadline 15. Oktober

Der US-Präsident muss dem Kongress alle 90 Tage bestätigen, dass der Iran den Deal einhält, das nächste Mal bis zum 15. Oktober. Tut er es nicht, kann das Parlament beschließen, die mit der Einigung aufgehobenen Sanktionen erneut zu verhängen. Falls dies geschehe, skizziert Gabriel die Lage, werde die Abmachung wertlos, auch wenn die Partner Amerikas an ihr festhalten wollten.

Paris lässt noch am ehesten den Versuch eines Zugehens auf Washington erkennen. Nach den Worten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron handle es sich um eine gute Übereinkunft, die jedoch durch "zwei oder drei Säulen" verstärkt werden müsse. Konkret fordert Macron, Einschränkungen für die Entwicklung ballistischer Raketen einzubauen. Zudem müssten die nur bis 2025 geltenden Begrenzungen für die iranische Urananreicherung verlängert werden. Die Iraner hätten klargemacht, betont wiederum Gabriel vor der Presse, dass sie auch in Zukunft nicht vorhätten, Atomwaffen zu besitzen.

Man gebe den Amerikanern zwar recht in ihrer Kritik an der Politik Teherans, etwa an der Einmischung im Jemen oder der Unterstützung der Hisbollah im Libanon. Gleichwohl habe der Verhandlungsprozess nie das Ziel gehabt, diese Konflikte zu lösen. "Und die Welt wird ja nicht besser dadurch, dass man dieses Abkommen zerstört." Wenn man sich in der Welt umschaue, sagt er wenige Stunden später während der UN-Generaldebatte, scheine sich immer mehr eine Sicht durchzusetzen, die die eigenen nationalen Interessen absolut setzt und sich für den Interessenausgleich zwischen den Nationen nicht mehr engagiere.

Diese Sicht beschreibe die Welt als eine Art Kampfbahn, auf der jeder gegen jeden kämpfe und in der man allein oder aber in Zweckbündnissen seine Interessen gegen andere durchsetzen müsse. In ihr herrsche das Recht des Stärkeren, nicht die Stärke des Rechts. "Nationaler Egoismus", sagt Gabriel, "taugt nicht als Ordnungsprinzip für unsere Welt." (Frank Herrmann, 21.9.2017)