Martin Puntigam, Florian Freistetter, Helmut Jungwirth, "Warum landen Asteroiden immer in Kratern?" € 22,70 / 286 Seiten. Hanser-Verlag, München 2017

Cover: Hanser-Verlag

Beginnen wir mit der guten Nachricht: Nach "Wer nichts weiß, muss alles glauben" (2013), "Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln" (2014) und "Das Universum ist eine Scheißgegend" (2015) haben die humoristischen Wissenschaftsvermittler Science Busters nun ihr viertes Buch vorgelegt: "Warum landen Asteroiden immer in Kratern?" ist ab Montag erhältlich. Das verspricht unterhaltsame Exkurse in die Welt der Wissenschaft, die nebenbei über aktuelle Forschung informieren. Und dieses Versprechen hält das Buch auch.

Die Leserschaft erfährt zum Beispiel, wie das molekularbiologische Werkzeug CRISPR/Cas9, besser bekannt als Gen-Schere, dafür eingesetzt werden könnte, Malaria auszulöschen: Ein Effekt namens Gen Drive, der dafür sorgt, dass sich ein bestimmtes Gen bei den Nachkommen durchsetzt, könnte bei Stechmücken verhindern, dass sie Malaria übertragen.

Das Buch amüsiert mit der Empfehlung, Gottes Schriften zu lesen, wenn es um die Entstehung des Mondes geht – wie sich schließlich herausstellt, ist damit nicht die Bibel gemeint, sondern die Publikationen des US-amerikanischen Astronomen J. Richard Gott III.

Rechtzeitig vor der Nationalratswahl überraschen die Science Busters zudem mit einem politischen Seitenhieb: Im Kapitel zum menschengemachten Klimawandel werden Politiker, die "behaupten, die sogenannte Mittelmeerrouten müssen geschlossen werden, weil das Boot vermeintlich voll sei" – eine unmissverständliche Anspielung auf VP-Chef Sebastian Kurz – als "rassistisch" bezeichnet.

Neue Konstellation

Insgesamt kreist das Buch vor allem um die Physik der Planeten und die Molekularbiologie des Essens, was auch mit der neuen Besetzung der Science Busters zu tun haben dürfte, die in dieser Konstellation erstmals ein Buch vorgelegt haben: der Kabarettist und Science-Busters-Urgestein Martin Puntigam, der Astrophysiker und Wissenschaftsblogger (auch, aber nicht nur auf derStandard.at) Florian Freistetter sowie der Professor für Wissenschaftskommunikation und Leiter des Geschmackslabors an der Karl-Franzens-Universität Graz Helmut Jungwirth.

Kurz gesagt: Beim vorliegenden Buch handelt es sich um ein wahres Meisterwerk von einfacher, humorvoller Vermittlung komplexer wissenschaftlicher Inhalte.

So viel des Lobes, kommen wir zur schlechten Nachricht: Wohin kann man den Penis stecken, wenn der Sexpartner gerade Kopfweh hat? Wie lassen sich Phantomerektionen nach einer Penisamputation therapieren? Was haben Gravitationswellen und Furze gemein? – Indem das Buch immer wieder und wieder und wieder um Penissen und Flatulenzen kreist, können die wahrscheinlich witzig gemeinten Nebenbemerkungen nicht immer mit der Brillanz der wissenschaftlichen Ausführungen mithalten.

Masturbation und Bierschiss

Es ist zwar klar, dass die Kategorie des Humors nicht mit dem Maßstab der Political Correctness zu bewerten ist, doch bei der vorliegenden Schlagseite an Masturbations- und Bierschiss-Witzen muss sich das Autorentrio schon die Frage gefallen lassen, an welches Zielpublikum sich ihr Werk richtet. Zwar wäre die wissenschaftliche Darstellung durchaus kindergerecht, weniger dagegen der Humor, mit dem diese serviert wird. Davon werden sich wohl auch weniger Frauen angesprochen fühlen, wie auch durch die sexistische Illustration eines Asteroiden mit weiblichen Beinen in Strapsen und Highheels zum Kapitel "Was kostet ein Asteroid für den Eigenbedarf?". Diese geht zwar eher auf die Kappe des Hanser-Verlags beziehungsweise des Büros Alba, München, als auf jene der Autoren, bleibt aber einer der großen Minuspunkte des Buches.

Auffällig ist weiters, dass die Autoren zwar etliche mehr oder weniger bekannte Wissenschafter der Gegenwart und Vergangenheit erwähnen, jedoch keiner Forscherin Zeilen widmen (Danksagung und Teamvorstellung ausgenommen) – und das obwohl sich ein Kapitel explizit, eines implizit mit dem Werkzeug CRISPR/Cas9 befassen und damit die Nennung dessen Erfinderinnen Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier äußerst naheliegend gewesen wäre. All das zusammen könnte bei so manchem Leser den Eindruck hinterlassen, dass es sich bei Wissenschaft auch im Jahr 2017 noch um eine primär männliche Unternehmung handelt. Und das kann doch wohl kaum die Intention der Science Busters gewesen sein, oder? (Tanja Traxler, 24.9.2017)