"Die Parkinson-Forschung verzeichnet einen rasanten Erkenntnisgewinn", sagt Jens Volkmann von der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg am Rande des Deutschen Neurologiekongresses und meinte unter anderem eine im Fachmagazin Science publizierte Studie, die Parkinson mit einem Asthma-Medikament stoppen könnte. "Es wird zunehmend klarer, wie genetische und Umweltfaktoren die Alpha-Synukleinopathie und damit die Neurodegeneration vorantreiben. Daraus ergeben sich neue Möglichkeiten für die Diagnostik und Strategien für kausale Therapien."

Konkret geht es um Beta2-Adrenozeptor-Agonisten, gängige Asthma-Medikamente, die das Risiko, an Morbus Parkinson zu erkranken senken. Ausgehend von der Erkenntnis, dass der ersten beschriebenen monogenen Parkinson-Variante, PARK1, eine Triplikation des Alpha-Synuklein-Gens mit entsprechender Überexpression des Proteins zugrunde liegt, screenten die Autoren in einem neu entwickelten Zellmodell 1126 Substanzen mit möglichem modifizierendem Effekt auf die Transkription des Alpha-Synuklein-Gens, darunter auch gängige Pharmaka.

Studie in Norwegen

Es zeigte sich, dass Agonisten des Beta2-Rezeptors die Transkription signifikant erniedrigen, während Beta-Blocker sie signifikant erhöhen. In Nachfolgeexperimenten konnte an Wildtypmäusen gezeigt werden, dass eine Behandlung mit einem Beta2-Agonisten die Alpha-Synuklein-Expression in der Substantia nigra signifikant reduziert, was eine funktionelle Relevanz für die Parkinson-Krankheit nahelegt.

In der Tat konnte die Auswertung eines Populationsregisters mit Daten von vier Millionen Norwegern und einem Beobachtungszeitraum von elf Jahren zeigen, dass die Einnahme von Salbutamol das Risiko, eine Parkinson-Krankheit zu entwickeln, um den Faktor 0,66 reduziert, während die Einnahme von Propranolol es signifikant erhöht. "Die Arbeit ist bedeutsam, weil sie eine Modifikation der Alpha-Synuklein-Transkription als neuen krankheitsmodifizierenden pharmakologischen Therapieansatz vorstellt, der auch noch mit gängigen und recht gut verträglichen Asthma-Mitteln theoretisch möglich wäre", kommentiert Volkmann. Eine solche Therapie würde früher in der Pathogenese eingreifen als heute verfügbare Behandlungen.

Vom Darm ins Gehirn

Die Hypothese, wonach dem Magen-Darm-Trakt eine besondere Rolle bei der Pathogenese der Parkinson-Krankheit zukommt, wurde 2017 erneut bestätigt. Forschungen der Dresdner Arbeitsgruppe um Francisco Pan-Montojo haben am Rotenon-Modell der Maus nahegelegt, dass pathologische Alpha-Synuklein-Ablagerungen in autonomen Nervenfasern der Darmwand entstehen könnten und sich über retrograden Transport in den dorsalen Vaguskern und von dort entsprechend der Braakschen Stadien in andere Hirnregionen ausbreiten. Eine Vagotomie verzögerte die Ausbreitung im Tiermodell.

Die aktuelle schwedische Registerstudie belegt ein signifikant geringeres Risiko, an der Parkinson-Krankheit zu erkranken, wenn eine trunkale Vagotomie mindestens fünf Jahre vor Symptombeginn durchgeführt wurde (die DGN berichtete). Mehrere Forschungsgruppen weltweit untersuchen, wie Darmbakterien die Gesundheit des Gehirns beeinflussen. Eine im Fachmagazin "Cell" erschienene US-amerikanische Arbeit belegt erstmalig, dass der Darmmikrobiota eine wichtige Rolle für die Neurodegeneration bei der Parkinson-Krankheit zukommt.

Die Autoren konnten am einem Mausmodell der Parkinson-Krankheit mit Überexpression von Alpha-Synuklein zeigen, dass eine Sterilisierung des Darms durch Antibiotikagabe zu verringerten Alpha-Synuklein-Ablagerungen im Gehirn, einer geringeren Neuroinflammation durch reduzierte Mikrogliaaktivierung und auch verminderten Krankheitssymptomen führt. Die Übertragung von Mikrobiota von Parkinson-Patienten auf das sterile Mausmodell verstärkte die Krankheitssymptome, während dies bei Kontrollprobanden nicht zu beobachten war. Die Beeinflussung der zentralen Mikrogliaaktivierung und Neurodegeneration erfolgt möglicherweise über kurzkettige Fettsäuren als bakterielle Metabolite.

Früherkennung an Haut

Deutsche Neurowissenschaftler um Kathrin Doppler und Claudia Sommer aus Würzburg sowie Wolfgang Oertel aus Marburg haben 2017 eine für die Parkinson-Forschung wegweisende Arbeit publiziert: Sie konnten bei Risikopatienten mit der sogenannten REM-Schlafverhaltensstörung den Biomarker Alpha-Synuklein in der Haut identifizieren und damit Parkinson nachweisen, Jahre bevor die Erkrankung sichtbar ausbricht.

In Anbetracht des einfachen Zugangs zu Hautbiopsien und der hohen Spezifität der Untersuchung sehen die Autoren in der Methode einiges Potenzial, um Parkinson-Patienten im prodromalen Stadium der Erkrankung zu identifizieren und für klinische Studien zum Test von krankheitsmodifizierenden Medikamenten zu gewinnen. (red/idw, 25.9.2017)

Originalpublikationen:

β2-Adrenoreceptor is a regulator of the α-synuclein gene driving risk of Parkinson’s disease

Dermal phospho-alpha-synuclein deposits confirm REM sleep behaviour disorder as prodromal Parkinson's disease