Die Universitäten haben ihre Einnahmen aus Forschungs-Drittmitteln in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert. Seit 2007 wuchsen diese von rund 406 Millionen Euro auf 670 Millionen. Euro im Jahr 2016 – das entspricht einem Plus von rund 65 Prozent.

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Im Vorjahr nahmen allein die Universitäten rund 670 Millionen Euro an Drittmitteln ein – rund ein Viertel davon von Unternehmen. Über die Chancen und Risiken derartiger Kooperationen diskutierten Stakeholder am Dienstag bei einer Konferenz in Wien. Veranstaltet wurde sie vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Transparency International und der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH).

Drittmittel "spielen in der Finanzierung der Universitäten eine ganz wesentliche Rolle", sagt Meinhard Lukas, Rektor der Johannes-Kepler-Universität Linz, der geladen war, um über die Erfahrungen an seiner Uni zu berichten. Dort betragen die Drittmittel rund 40 Millionen Euro bei einem Jahresbudget von 174 Millionen Euro, was einem Anteil von rund 23 Prozent entspricht. "Sehr beachtliche wissenschaftliche Karrieren entstehen in diesem Bereich, viele wissenschaftliche Mitarbeiter finanzieren sich über Drittmittel", sagt Lukas.

Antrags- und Auftragsforschung

Wichtig sei zu unterscheiden: zwischen Antragsforschung – also aus öffentlichen Mitteln finanzierte Forschung etwa durch die diversen Forschungsfonds, die EU oder die Länder – und Auftragsforschung durch Unternehmen. An den meisten österreichischen Unis mache die Antragsforschung den Löwenanteil aus. An der Uni Linz beispielsweise komme die Auftragsforschung auf einen Anteil von acht bis zehn Millionen Euro an den 40 Millionen Gesamt-Drittmitteln. Transparenz sei bei der Auftragsforschung Teil der guten wissenschaftlichen Praxis. Die Frage sei nur, was passiert, wenn diese verletzt werde. "Die Instrumente der Universitätsleitung sind überschaubar", sagt Lukas.

Der Rektor prognostiziert, dass sich künftig neue, weniger projektorientierte Arten der Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft auftun werden. Als Beispiel nennt er das Linz Institute of Technology, ein Open-Innovation-Center an der Kepler-Uni.

Zugang zu Know-how

An den Fachhochschulen sei man "auf Aufträge aus der Industrie angewiesen", sagt Karl Peter Pfeiffer, Rektor und Geschäftsführer der FH Joanneum. "Unser Problem ist die fehlende Basisfinanzierung für die Forschung." Für Fachhochschulen sei außerdem der Zugang zu Förderprogrammen schwieriger. Er sieht einen hohen Nutzen in den Kooperationen mit der Wirtschaft. Sie "sind nützlich, befruchten die Lehre, wir lernen aus ihnen und können ein Innovationsmotor sein". Man habe Zugang zum Know-how der Industrie, zu den neuesten Technologien. Studierende kämen leichter zu Praktikumsplätzen, Abschlussarbeiten würden bezahlt.

Der Rektor sieht aber auch Gefahren in der Finanzierung durch Drittmittel: "Die Freiheit der Forschung wird durch die finanzielle Abhängigkeit eingeschränkt." Zudem: Der Nutzen bleibe häufig nicht an der Hochschule, die Ergebnisse von Forschungen unterliegen oft einer Geheimhaltungspflicht.

Mehr Transparenz gefordert

"Wir sind mitten in der Digitalisierung, das ist legitim", erwidert Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung und ebenfalls Gast der Konferenz. "Es muss erlaubt sein, dass ein Unternehmen in so einem hochkompetitiven Umfeld eine gewisse Geheimhaltung verlangen kann. Allein der Umstand, woran man forscht, gibt dem Mitbewerber die Möglichkeit zu wissen, an welchem Produkt man forscht."

Vor allem dass derzeit nicht nachvollziehbar sei, welche Unternehmen welcher Hochschule zu welchem Zweck Mittel zur Verfügung stellen, kritisiert Transparency. "Diese mangelnde Berichtspflicht ist ein großes Problem", sagt Transparency-Vorstandsvorsitzende Eva Geiblinger. Die Forderung: dass Hochschulen künftig verpflichtend ihre Finanzmittel veröffentlichen und sie nach Mittelherkunft und Verwendungszwecken aufgliedern.

Indem man ab nächster Woche Fragebögen an alle Hochschulen versendet, will man erste Klarheit schaffen. "Wir geben den Hochschulen ein Semester Zeit, um sie zu beantworten", heißt es.

Wer dient wem?

Welche Instrumente noch dazu beitragen können, die Transparenz zu erhöhen? Um diese Frage ging es in einer abschließenden Podiumsdiskussion. Man müsse weiterdiskutieren, arbeiten und "voneinander lernen", sagt Neumayer. "Jeder hat seine Interessen, Hochschulen, Unternehmen, die Öffentlichkeit."

Vonseiten der Hochschulen wurde genannt, dass man Drittmittel grundsätzlich transparent machen wolle, nur in Ausnahmefällen nicht. Kooperationen müssten auch intern besser kommuniziert werden, damit Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Bescheid wissen. "Ich gehe davon aus, dass ich das auch einfordern darf", sagt darauf Geiblinger und appelliert: "Nicht die Universitäten sollen der Wirtschaft dienen, sondern die Wirtschaft den Universitäten." (lib, 26.9.2017)