Salzburg – Ein buntes Plakat kündigt es in der Wohngemeinschaft für Kinder, die nicht in ihrer Familie aufwachsen können, an: "Der Hermann kommt." In seinem Fahrradanhänger hat er Spiele und Bastelmaterialien verstaut. Beim kreativen Werken wird geredet und zugehört.

Hermann Lasselsberger ist eine Vertrauensperson für die rund 650 Kinder und Jugendliche, die in Salzburg in sozialpädagogischen Wohngemeinschaften leben. Er ist auf der Seite der Kinder, stärkt ihnen den Rücken und ist für sie da. Die Funktion als externer Ansprechpartner sei in den Einrichtungen anfänglich noch skeptisch begegnet worden, sagt Lasselsberger. Mischt sich der überall ein? Magaziniert er die Kinder mit Rechten auf? Doch mittlerweile ist Hermann Lasselsberger ein gern gesehener Gast in den WGs. Seit einem Jahr hat das Land Salzburg die Stelle auf Anregung der Kinder- und Jugendanwaltschaft (Kija) installiert.

"Kinder, die aus dem familiären Umfeld herausgelöst leben, brauchen besonderen Schutz", betont die Salzburger Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt. So stehe es auch im Artikel zwei der Kinderrechtskonvention. Eine Ansprechperson sei besonders wichtig. "Viele dieser Kinder haben einen besonders komplexen Loyalitätskonflikt", sagt Holz-Dahrenstaedt. "Sie haben Angst, die Eltern zu verraten, sind aber auch gekränkt, nicht bei den Eltern zu sein." Bereits 2012 hat die Kija als Pilotprojekt eine neutrale externe Vertrauensperson in drei Wohngemeinschaften installiert und wissenschaftlich begleitet. "Es hat sich gezeigt, dass das zu empfehlen ist", sagt Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne). "Die Trägerorganisationen ziehen mit und sehen es nicht als Kontrolle."

550 Kontakte hatte Hermann Lasselsberger bereits im ersten Jahr. Entstanden sind dabei zahlreiche selbstgebaute Fidget-Spinner aus alten Fahrradketten oder Uhren aus anderen Fahrradteilen sowie teilweise enge Beziehungen zu den Kindern und Jugendlichen.

Kinder-Empowerment

Bei 65 Fällen musste er aktiv werden. "Das fängt an bei der Frage, warum sie in der WG sind und wie lange noch", erzählt Lasselsberger. Oder es gehe, um Konflikte mit anderen Kindern. Bei den Jugendlichen sind die Reibung an Regeln, der Kampf um Autonomie und Mitspracherechte wichtige Themen. Manchmal seien es auch ganz banale Dinge, wie: Warum bekomme ich kein Erdbeerjoghurt? "Ich versuche sie zu stärken, dass sie selbstwirksam werden. Wenn sie das nicht schaffen, bin ich da", sagt Lasselsberger.

Geplant ist, künftig auch ein Setting zu finden für eine Vertrauensperson für Pflegekinder, sagt die Kinder- und Jugendanwältin. Für die Kija sei es eine Vision, auch Kinder in anderen Einrichtungen, wie der Grundversorgung, Behindertenheimen oder Internate, abzudecken. Dazu bräuchte es freilich eine weitere Vollzeitstelle. Es sei schon das Ziel auszubauen, sagt Schellhorn. Das sei nicht einfach, da es im Sozialbereich auch in anderen Sparten einen steigenden Bedarf gebe. "Ich bleibe hartnäckig", versichert der Soziallandesrat. (Stefanie Ruep, 27.09.2017)