Alexander Karp, Gründer von Palantir.

Foto: Palantir/Darwin's Circle

Wien – Bei Facebook, der Weltbühne der öffentlichen Privatsphäre, kann das Öffentliche auch sehr rasch privat werden: Just als Patrick Walker von Facebook aufs Podium kommt, endet Donnerstag der öffentlich zugängliche Livestream von der Digitalkonferenz "Darwin's Circle" in Wien. Das Insert erklärt die Unterbrechung mit angeblich "sensitiven", also grob: "heiklen" Inhalten des Panels.

Walker ist bei Facebook zuständig für die Zusammenarbeit mit klassischen Medien in Europa und dem Nahen Osten. Und er muss sich auf dem Panel von US-Journalismusprofessor Jeff Jarvis gleich nach Transparenz fragen lassen, offenkundig ein "heikles" Thema bei Facebook.

Heikel, heikel: Wenn Facebook über Transparenz redet, soll nicht gleich das ganze Internet davon erfahren.
Foto: fid

Jarvis will etwa wissen: Was gedenkt die Plattform zu tun, um offenzulegen, wer auf Facebook mit welchen politischen (Werbe-)Botschaften adressiert wird, wie im US-Wahlkampf laut New York Times-Recherchen etwa auch aus russischen Quellen?

Backlash in Deutschland

An der Möglichkeit, bestimmte Zielgruppen zu adressieren, wird Facebook nichts ändern, sagt Walker. Aber wer eine Botschaft sieht, soll zurückverfolgen können, aus welcher Quelle sie stammt. "Die Menschen bekommen die Möglichkeit, sich zu informieren", verspricht der Facebook-Manager. Aber nur, wenn er oder sie die jeweilige Werbebotschaft bekommt: Informationen über alle via Facebook verbreiteten Werbebotschaften und ihre Quellen will Walker am Donnerstag lieber nicht versprechen.

Selbst Jarvis, Apologet der Möglichkeiten von Google und Facebook etwa für Journalismus, vermisst bei den digitalen Riesen Transparenz. Transparenz "in ihrem eigenen Interesse", sagt er. Sie müssten etwa die Kriterien und Mechanismen beim Werbe-Targeting offenlegen – wie US-Fernsehstationen die Absender und Konditionen politischer Werbespots offenlegen müssten. Jarvis legt Facebook das Vorbild des US-Fernsehens da wärmstens ans Herz. Dazu sagt Walker nichts. Selbst ohne Livestream.

Gehirnwäsche von Fox News

Die digitalen Riesen müssten "ihre öffentliche Verantwortung wahrnehmen" , sagte Jarvis bei der Konferenz und verweist auf Wahlergebnisse wie jenes in Deutschland. Er interpretiert sie als "Backlash" gegen technologischen Fortschritt, und Technologie ist für ihn die Basis von Wohlstand in der Gesellschaft: "Wir erleben bei diesen Wahlen eine Revolution gegen die Zukunft."

Die US-Wahlen und Donald Trumps Wähler dürfen da nicht fehlen. "Wenn wir es nicht schaffen, diesen Teil der USA zu erreichen, können wir's vergessen", appelliert Demokrat Jarvis an Journalisten und Medien. "Wir sollten mehr in faktenbasierte konservative Medien investieren", spielt er auf den kreativen Umgang Trumps und von Medien wie Breitbart.com oder Fox News mit der Realität an.

Was Fox News anrichtet, sah er an seinen eigenen Eltern, sagt Jarvis. Die beschreibt er als "vernünftige Republikaner" – bis zur "Gehirnwäsche von Fox News".

Breite Themenpalette

Bei der Digitalkonferenz geht es unter anderem um digitalen Handel, Banking, das Auto der Zukunft, digitale Ökosysteme und sprengt also den thematischen Rahmen von derStandard.at/Etat ein Stück, aber es geht bei der Digitalkonferenz "Darwin's Circle" am Donnerstag in Wien auch (nachmittags) um Journalismus und die Zukunft der Medien. Wir übernehmen hier den Livestream von der prominent besetzten Veranstaltung und werden – über Medienaspekte – auch berichten.

Die Konferenz ist prominent besetzt, etwa mit Alexander Karp, Gründer des mit über 20 Milliarden Dollar bewerteten Big-Data-Spezialisten Palantir, Terry von Bibra vertritt den chinesischen Onlinehandelsriesen Alibaba, der österreichische Rewe-Boss Marcel Haraszti, Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Karl-Theodor zu Guttenberg (auf dem Rückweg zur CSU, hier als Vertreter von Spitzberg Partners), dem erwähnten Jarvis, Ex-"Bild"-Chef Kai Diekmann, und nach Marken von Google und Youtube bis Airbnb.

Die Konferenz veranstaltet die österreichische Dependance der Berliner Digitalberatungsagentur Darwin's Lab, an der Werber Rudi Kobzas Kobza Media und sein Partner Niko Pelinka zusammen 50 Prozent halten. (red, 28.9.2017)