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Die Ungava Bay in Labrador im Nordosten Kanadas sieht heute noch so aus, wie man sich die Welt zum Anbeginn der Zeit vorstellen könnte. Hier liegen noch Reste der ersten Urkontinente – und in ihnen eingeschlossen die frühesten Spuren von Leben.

Foto: Cindy Miller Hopkins / Danita Delimont / picturedesk.com

Tokio/Wien – Den Anfängen des Lebens hinterher zu spüren, ist eine frustrierende Angelegenheit. Was auch immer zu Beginn in der sprichwörtlichen Ursuppe (die es in der Form womöglich gar nicht gab) geschwommen sein mag, es muss winzig gewesen sein. Zu klein jedenfalls, um nennenswerte Fossilien zu hinterlassen. Kein Wunder also, dass man lange Zeit dachte, die Erde wäre die erste Milliarde Jahre nach ihrer Geburt ein keimfreier Planet gewesen.

Seltene Gesteine aus der Frühzeit der Erde

Ein großes Problem stellt für Geologen auf der Such nach den ersten Zellen die unbeständige Erdkruste dar: Das unaufhörliche Recycling der Kontinentalplatten ließ von den Gesteinen der ersten Stunde kaum etwas übrig. Nur im hohen Norden, in Kanada und Grönland, finden sich noch archaische Kerne jener Landmassen, die während des Hadaikums vor 4 bis 4,6 Milliarden Jahren geboren wurden.

Und vor allem hier wurden die Wissenschafter in den vergangenen beiden Jahrzehnten auch fündig: 1999 stieß Minik Thorleif Rosing von der Universität Kopenhagen in über 3,7 Milliarden Jahre altem Gestein in Grönland auf Graphitkörnchen. Isotopenanalysen identifizierten sie als die bis dahin ältesten Überreste biologischer Aktivität. Mikrofossilien von etwas höherem Alter fanden sich zuletzt auch in Zirkon aus Westaustralien sowie im Isua-Gneis und in der Nuvvuagittuq-Formation in Kanada. Deren Datierung ist allerdings vielfach umstritten.

Die ersten Sedimente

Ein aktueller Fund rückt nun aber die Entstehung des Lebens auf der Erde erneut weiter nach vorne – und zwar gleich um einige Hundert Millionen Jahre: Ein Team um Tsuyoshi Komiya von der Universität Tokio hat auf der Labrador-Halbinsel im Norden Kanadas Gesteine aus dem Hadaikum untersucht und unter anderem mithilfe der Uran-Blei-Methode auf ein Alter von 3,95 Milliarden Jahren datiert.

Bei den Felsen handelt es sich um sogenannte Metasedimente des Saglek-Blocks, die ältesten Ablagerungsgesteine der Erde. Darin eingeschlossen fanden die Forscher winzige Graphitreste, die verdächtig nach dem Resultat biologischer Prozesse aussahen. Dass sie es tatsächlich mit Mikrofossilen zu tun hatten, belegten die Forscher nun im Fachjournal "Nature" mit detaillierten Analysen der Kohlenstoff-Isotope, deren Verteilungsprofil bei biologischen Abläufen in charakteristischer Weise beeinflusst wird.

Ursprung des Lebens unter turbulenten Umständen

Für Komiya und seine Kollegen steht damit fest, dass bereits vor beinahe vier Milliarden Jahren Mikroorganismen existiert haben. Um welche es sich gehandelt hat, sollen nun weitere chemische Untersuchungen klären helfen. Die Analyse des Gesteins selbst könnte darüber hinaus Erkenntnisse über die damaligen Umweltbedingungen liefern.

Was lässt sich daraus für den Ursprung des Lebens schließen? Sofern Zellen nicht ungewöhnlich plötzlich entstanden, müssen ihre Wurzeln in einer stürmischen und eigentlich lebensfeindlichen Ära liegen, kurz nachdem die Erde geboren worden war. Dies wiederum könnte bedeuten, dass auch auf dem Mars, der damals ähnliche Bedingungen aufwies, Leben entstanden sein könnte. (Thomas Bergmayr, 27.9.2017)