Die Skulptur "das management" (2017) besteht, wie viele von Schmales Arbeiten, aus brüniertem und geöltem Stahlrohr, dahinter schillert "HOT HOT HOT" in Andersfarben.


Foto: Sophie Thun

Wien – Wenn man derzeit die Galerie im Untergeschoß der Secession betritt, muss man zunächst durch einen langgezogenen, gespenstisch weißen Gang, um in den Ausstellungsraum zu gelangen. Toni Schmale zeigt in ihrer Ausstellung HOT HOT HOT neue Skulpturen, die sie selbst als "Übergangsobjekte" bezeichnet. Der architektonische Eingriff, der neu eingezogene Gang, ist ihr Intro, die Verräumlichung der Übergangs-Idee.

Bisher waren Schmales Skulpturen oftmals ideale Projektionsflächen für die eigenen Assoziationen, die zumeist irgendwo zwischen Fitness und Erotik oszillierten, ließen sich doch leicht Ähnlichkeiten zu Turngeräten oder erotischen Folterspielen dienenden Möbeln feststellen.

In der Secession zeigt die gebürtige Hamburgerin nun vier 2017 entstandene Arbeiten, die eine Entwicklung in ihrem skulpturalen Schaffen zeigen: eine Reduktion der Formsprache und in Folge ein noch stärkerer Fokus auf das Material an sich. Die Objekte verschließen sich zunehmend dem Wiedererkennen und Assoziationen zur realen Dingwelt.

Die Künstlerin selbst bemerkt, dass ihre Arbeiten nun "immer weniger Angebote" machten. Angebote zum gedanklichen An- und Eingreifen, Herumturnen, Ausprobieren. Sowohl die dipstation als auch das management basieren auf Schmales "Grundbaustein", dem sandgestrahlten, brünierten und geölten Stahlrohr. Wie so oft ist es kombiniert mit Betonblöcken und Stahlbändern, eine Verwandtschaft zu Fitnessgeräten oder Erotikbedarf lässt sich aber kaum mehr ausmachen.

Früher hat Schmale ihre Skulpturen durch humoristische, oftmals kontrastierende Titel aufgeladen, ihnen dadurch neue Ebenen hinzugefügt. Aber auch auf diesen Kunstgriff verzichtet Schmale aktuell nahezu gänzlich.

Zersetzte Klischees

Die Serie HOT HOT HOT besteht aus drei Edelstahlplatten, die bei 810°C unterschiedlich lange erhitzt wurden. Als Resultat weisen sie verschieden schillernde, sogenannte Andersfarben auf. Diese unerwünschte Nebenwirkung in der Stahlindustrie wird hier zum künstlerischen Mittel.

Dagegen lässt der weltschmerzgetränkte Titel einer Dreiergruppe aus dunklen Betonplatten mit brünierten Stahlgriffen noch Deutungsspielraum zu. Auf den ersten Blick erkennt man hier abstrahierte Laufbänder, das zart jammernde ach ach ach des Titels könnte auf Fitnesszwang und Körperkult bezogen werden – aber wäre das nicht etwas zu offensichtlich? Vielleicht sind es auch die Seufzer der Künstlerin beim Transport der zentnerschweren Skulpturenversatzstücke. Oder solche über beharrliche Klischees betreffend das "schwache Geschlecht".

Diese zersetzt Schmale, wenn sie statt eines Katalogs einen Spindkalender produzierte, der gehörig mit Geschlechterrollen spielt: Sie inszeniert sich zugleich als freizügig posierendes Lustobjekt und ölverschmierte Kunstarbeiterin in einer Fabrik. Ihr gehe es um Verausgabung, sagt Schmale über ihre Skulpturen – sie macht aber auch vor sich selbst nicht halt. (Kathrin Heinrich, 27.9.2017)