Die Friedhofstribüne am Sportclubplatz wird auch beim 166. Derby of Love bis auf den letzten Platz gefüllt sein.

Foto: derStandard/Hirner

Heinz Palme möchte den WSC behutsam leiten.

Foto: ICSS

Wien – Aus dem Wiener Sportklub ist der Wiener Sportclub geworden, das k wurde zum c. WSK war für die Fans ein Brechdurchfall, WSC ruft sich schöner, ist melodiöser. Seit ein paar Wochen ist Heinz Palme Geschäftsführer des WSC, der 59-Jährige hat im Fußball schon einige Spitzenfunktionen innegehabt, war Kommunikationschef im ÖFB, beriet die Bundesregierung bei der Heim-EM 2008, saß davor im Organisationskomitee der WM 2006 in Deutschland, erarbeitete das Sicherheitskonzept für die äußerst umstrittene WM 2022 in Katar. Und nun schließt sich ein Kreis, Palme kehrt zurück in die beschauliche Welt des Fußballs, nach Hernals.

Gegenpol zum globalen Fußball

Das finanzielle Risiko trägt nicht er persönlich, sondern die Vienna-Gruppe (Immobilien, Kommunikation, Sportberatung). Ziel ist die Stabilisierung des Vereins, der laut Palme für Werte wie "Antirassismus, Toleranz, Offenheit, Gewaltfreiheit, Gerechtigkeit, Frieden und Tradition" steht. "Wir sind der Gegenpol zur Entwicklung im globalen Fußball, die abgehobener wird."

In Wien hat der Sportclub quasi einen Lebensabschnittspartner, die Vienna aus Döbling. Sie ist noch viel schlimmer dran, ist insolvent, dürfte gar nicht in der Regionalliga Ost mittun, hat aber eine Teilnahme gerichtlich erwirkt. Das Urteil der letzten Instanz steht aus. Am Freitag steigt in Hernals das 166. "Derby of Love", Anpfiff ist um 20 Uhr, zumindest 6.000 Fans sollten kommen, die legendäre Friedhofstribüne ist ausverkauft. Es könnte an diesem Wochenende die bestbesuchte Partie in ganz Österreich sein, weil Rapid und Sturm Graz auswärts antreten. Palme: "Das ist schön und traurig zugleich. Zeigt aber, dass die Menschen eine Sehnsucht nach Normalität und wir Potenzial haben."

In einem Aspekt weiter als Rapid

Der Sportclub hat 300.000 Euro Schulden abgebaut, das Budget beträgt eine halbe Million. Der Verein betreibt Nachwuchsmannschaften und ein Frauenteam, ist diesbezüglich weiter als Rapid. Es gibt zusätzlich Sparten wie Schwimmen, Wasserball und Laufen, auch die sollen erhalten bleiben. Palme sieht Parallelen zwischen dem WSC und der Vienna, beide litten unter Misswirtschaft, sind nicht schuldlos an ihrem mickrigen Dasein. "Die Wiener Politik hat sich auf Rapid und Austria konzentriert."

Der Sportclub mit c möchte kein Bittsteller sein, lehnt Almosen ab. "Sponsoren würden von der Marke und von unseren Werten profitieren." Einem reichen Onkel oder Scheich von irgendwo werde man sich nie und nimmer ausliefern, auch wenn er gewillt wäre, Millionen über Hernals und die Friedhofstribüne zu schütten. "Eine Einzelperson ist unberechenbar, das Gefährlichste im Fußball." Eine sanfte, behutsame Kommerzialisierung müsse stattfinden.

Der WSC und die Vienna grundeln in den Tiefen der Tabelle, die Hernalser haben einen neuen Trainer, Norbert Schweitzer, verpflichtet. Ganz herzlos ist die Stadt Wien übrigens nicht, es werden 5,7 Millionen Euro für die Sanierung des Stadions zur Verfügung gestellt. Während der Bauarbeiten wird der Spielbetrieb aufrechterhalten.

Palme plant zunächst für drei Jahre. Langsam soll der Sportclub zwar nicht an die Spitze, aber doch ans Mittelmaß herangeführt werden. Die neue Zweite Liga wird ab 2018 aus 16 halbprofessionellen Vereinen bestehen. "Irgendwann wollen wir dort hin."

Am Freitag ist "Derby of Love". Die Vienna wäre übrigens auch angetreten, hätte das Gericht den Ausschluss bereits bestätigt. Palme: "Sie wäre in aller Freundschaft gekommen. Auch das ist ein Wert." (Christian Hackl, 28.9.2017)