Tokio – Der japanische rechtskonservative Ministerpräsident Shinzo Abe hat den Weg für Neuwahlen freigemacht. Er löste wie erwartet am Donnerstag das Unterhaus des Parlaments auf und setzte den Urnengang für den 22. Oktober an. Der seit Ende 2012 regierende 62-jährige Abe hatte diesen Schritt am Montag angekündigt.

Zur Begründung sagte er, er wolle ein Mandat für seinen harten Nordkorea-Kurs. Dank der jüngsten Krise um Nordkorea hatten sich seine im Zuge von Skandalen gesunkenen Umfragewerte gerade wieder erholt. Dass Abe nun gut ein Jahr vor Ende der laufenden Legislaturperiode Neuwahlen ansetzt, sehen Kritiker auch als durchschaubaren Schachzug. Auf diese Weise verhindere Abe, dass ihn die Skandale im Parlament einholten.

"Schwieriger Kampf"

"Ein schwieriger Kampf beginnt heute", sagte Abe vor Journalisten. Nach der offiziellen Auflösung brachen die Abgeordneten des Unterhauses in Jubel aus. "Bei dieser Wahl geht es darum, die Leben von Menschen zu schützen", erklärte der Regierungschef am Donnerstag. "Wir müssen angesichts der Bedrohung aus Nordkorea mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten."

Das aggressive Gebaren Nordkoreas hat in Japan große Sorgen ausgelöst, binnen eines Monats hatte Nordkorea zwei Raketen zu Testzwecken über Japan hinweg gefeuert. Die Nordkorea-Krise ermöglichte es Abe, sich als starke Führungsfigur zu präsentieren. Zudem profitiert er von schlechten Umfragewerten der bisher größten Oppositionspartei, der Demokratischen Partei.

Konkurrenz

Abe und seine Liberaldemokratische Partei (LDP) bekommen allerdings plötzlich Konkurrenz durch eine neue konservative Partei der populären Gouverneurin von Tokio, Yuriko Koike. Koike gründete am Mittwoch die Kibo no To (Partei der Hoffnung), die eine landesweite Ausdehnung ihrer bisher nur in Tokio aktiven Gruppierung ist. Sie hatte Abes LDP bereits bei der Regionalwahl in Tokio im Juli eine herbe Niederlage bereitet.

Die neue Partei zog Politiker verschiedener Richtungen an und vereint Japans schwache Opposition. Am Donnerstag beschloss die Demokratische Partei (DP), die bisher wichtigste oppositionelle Gruppierung im Land, keine eigenen Kandidaten bei der Wahl aufzustellen. Stattdessen sollten Mitglieder lieber für Koikes neue Partei antreten.

Regierungswechsel

"Wir müssen die Abe-Regierung stoppen und einen Regierungswechsel erreichen", sagte DP-Chef Seiji Maehara. Seine Partei sei nach der Parlamentsauflösung praktisch am Ende, gestand er ein. Die Demokratische Partei stellte bis zur Parlamentsauflösung weniger als ein Drittel so viele Abgeordnete im Unterhaus wie die regierende LDP, die 287 Sitze innehatte.

Bereits in den letzten Tagen hatte Abes LDP ihren deutlichen Vorsprung vor der Opposition in den Umfragen verringert. Vor nur einer Woche führte die LDP die Umfragen mit mehr als 30 Punkten Vorsprung an; zwischen LDP (29 Prozent) und Koikes Partei der Hoffnung (18 Prozent) lagen diese Woche nur noch elf Prozent.

Allein hätte es Koikes konservative Partei so kurz vor den Wahlen schwer, genug Kandidaten ins Rennen zu schicken, um Abe gefährlich zu werden. Doch zusammen mit denen der Demokratischen Partei würden sich ihre Chancen verbessern. Zwar unterscheidet sich Koike, die selbst lange Zeit der LDP angehörte und früher Verteidigungsministerin war, inhaltlich nur wenig von Abe. So tritt auch sie für eine Stärkung des Militärs und eine Änderung der pazifistischen Nachkriegsverfassung ein. Anders als Abe befürwortet sie aber einen Ausstieg aus der Atomkraft. Der Ministerpräsident hält trotz der Katastrophe in Fukushima und gegen den Willen der Mehrheit seiner Landsleute an der Atomkraft fest.

Neben der Nordkorea-Krise will der konservativ-nationalistisch ausgerichtete Abe neue Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur in den Mittelpunkt des Wahlkampfs stellen. Anders als seine bisherigen schuldenfinanzierten Konjunkturpakete will Abe die neuen Maßnahmen durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer finanzieren. Große Summen sollen in Bildung und Kinderbetreuung fließen. Japans Konjunktur leidet unter der enormen Staatsverschuldung und der demografisch bedingten Überalterung der Bevölkerung.

Bei einem Sieg könnte der Ministerpräsident seine vierte Amtszeit antreten. Er war von 2006 bis 2007 erstmals Ministerpräsident und kehrte 2012 auf den Posten zurück. (APA, 28.9.2017)