Stillen: Nähe und Geborgenheit oder fremdbestimmt?

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Stillen ist ein emotionales Thema. Auf der einen Seite, weil es eine körperlich sehr enge Verbindung zwischen Mutter und Kind ist, und auf der anderen Seite, weil es dabei keinen neutralen Standpunkt zu geben scheint. Entweder man ist dafür oder dagegen. Mütter, die nicht stillen, müssen sich rechtfertigen, warum sie ihrem Kind die Muttermilch vorenthalten. Und stillende Mütter bekommen missbilligende Blicke zugeworfen und werden mitunter auch von Lokalen verwiesen. Das Thema polarisiert, so viel steht fest.

Kein Zweifel besteht daran, dass Muttermilch wichtige Nährstoffe enthält, um einen Säugling optimal zu ernähren. Allerdings besteht ebenso wenig Zweifel, dass auch Babys, die nicht gestillt werden, völlig gesund aufwachsen können. "Wir müssten vorsichtig damit sein, irgendwelche Empfehlungen abzugeben. Auf der einen Seite ist Muttermilch das Produkt von Millionen Jahren Evolution und besitzt mit Sicherheit die optimalen Nährstoffe für ein Neugeborenes. Die Frage ist allerdings: Wie lange braucht ein Neugeborenes diese Versorgung wirklich? Wir glauben, Familien sollten diese Entscheidung treffen – nicht Wissenschafter", sagt der Schweizer Forscher und Physiologe Thierry Hennet von der Universität Zürich. Genau darum soll es gehen. Jede Mutter und jede Familie entscheidet für sich. Die Weltstillwoche ist ein Anlass, um über Ihre Erfahrungen mit dem Stillen zu reden.

Akzeptanz für individuelle Entscheidungen

Auch wenn Stillen in vielen Lebenslagen sehr praktisch ist, da die Nahrung immer verfügbar ist, das Baby überall gefüttert werden kann und man die Nähe genießt, so gibt es auch die weniger erfreulichen bis schmerzlichen Dinge dabei. Milchstaus, Brustentzündungen und die ständige Verfügbarkeit, sofern man nicht Milch abpumpen möchte, können bei Müttern ein Gefühl der Fremdbestimmtheit auslösen. Und schließlich gibt es auch Frauen, die keine oder zu wenig Muttermilch produzieren und aus diesem Grund nicht stillen. Die Beweggründe für oder gegen das Stillen sind daher sehr individuell, und häufig ist von beiden Seiten der Wunsch nach mehr Akzeptanz für diese individuelle Entscheidung zu hören. Denn egal wie sie sich entscheiden, verspüren Mütter vielfach einen Druck, sich rechtfertigen zu müssen, wie eine Twitter-Userin schreibt:

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Stillen gemacht?

Warum haben Sie sich für oder gegen das Stillen entschieden? Nehmen Sie einen gesellschaftlichen Druck wahr, wenn es um die Entscheidung Stillen oder Fläschchen geht? (Judith Handlbauer, 4.10.2017)