Ums Kaffeetrinken und die Frage, wie viel Zucker man nimmt, dreht sich Candida Höfers Film "Da Forno" (1975), entwickelt zusammen mit dem Performancekünstler Tony Morgan.


Foto: Candida Höfer / Bildrecht Wien, 2017

Wien – Candida Höfer (geb. 1944) kennt man vor allem als Fotografin von Bildern, in denen sie häufig kulturelle Institutionen – Bibliotheken, Konzertsäle, aber auch zoologische Gärten – so präsentiert, als wäre der Mensch daraus verschwunden und die Geschichte, die sich an diesen Orten zeigt, längst zu Ende gegangen.

Höfer zählt zu den wichtigsten Vertretern der berühmten Becher-Schule, also jener fotografischen Tradition, die auf Bernd und Hilla Becher und auf die Kunstakademie Düsseldorf in den 1970er-Jahren zurückgeht und die man gemeinhin mit einer objektivistischen Ästhetik und mit einer Anmutung moderner Klassizität verbindet. Das Mumok weist nun mit einem Filmabend auf den häufig übersehenen Umstand hin, dass Höfer in Düsseldorf seinerzeit zuerst in der Filmklasse bei Ole John studiert hat, der häufig mit Jørgen Leth arbeitete, von dem sich wiederum Lars von Trier stark inspirieren ließ.

Die vier filmischen Arbeiten, die das Mumok unter dem Titel "Projektionen" zeigt und in einem Gespräch mit der persönlich anwesenden Künstlerin zur Diskussion stellen wird, lassen allerdings bis auf eine Ausnahme keinerlei Nähe zu einem Kino erkennen, in dem der Mensch (als Figur) eine Rolle spielen würde. Die Ausnahme ist der ungefähr vierminütige Film Da Forno (1975), betitelt nach einem gleichnamigen Düsseldorfer Café.

Man sieht Höfer hier einen Kaffee trinken, in den sie übermütig viel zu viel Zucker gibt. Nach ihr kommt dann der Performancekünstler Tony Morgan ins Bild, mit dem gemeinsam der Film entwickelt wurde. Er trinkt den Kaffee ohne Zucker, dabei wäre im entsprechenden Spender durchaus noch welcher da.

Da Forno eignet sich mit seiner deutlichen Zwei-Kapitel-Struktur gut, in beständiger Wiederholung gezeigt zu werden, wie es bei den drei anderen Arbeiten an jenem Mumok-Abend der Fall ist: Sie sind als Loops gedacht. Filme im eigentlichen Sinn sind sie, auch unabhängig vom Trägermaterial, aber nicht, denn die Bewegung kommt in In Passing (2015), Memories (2016) und Muros y Otros (2016) durch einen Effekt zustande, der dem heutigen (digitalen) Umgang mit Fotografien entlehnt ist: Alle drei Projektionen sind im Grunde Slideshows (und sehen durchaus so aus wie Fotodurchläufe auf heutigen Smartphones).

Wälder und Verkehrsadern

In Passing ist, um das Prinzip an einem Beispiel deutlicher zu machen, ein "Loop aus 39 Bildern für HD-Beamer", in dem es vor allem um das Wechselspiel zwischen Urbanität und Natur geht. Lockere Wälder gehen in betonierte Verkehrsadern über, in der Mitte des Durchlaufs gibt es kurz so etwas wie belebte Welt (eine Buchhandlung in einer Stadt – einem Straßenschild ist zu entnehmen, dass die Bilder aus China stammen).

Candida Höfer spielt also in ihren Projektionen mit den Latenzen, die das fotografische Bild immer schon in Richtung einer Offenheit auf das bewegte Bild enthielt, und setzt damit eigentlich sehr schlüssig bei der sehr verhaltenen, impliziten Narration ihrer fotografischen Werke an, um sie "kinematografisch" weiterzudenken. (Bert Rebhandl, Spezial, 29.9.2017)