Was wären heute die Folgen eines Attentats in New York? Pulitzerpreisträger Robert Schenkkan hat in seinem Stück Building the Wall Donald Trumps Politik dystopisch weitergedacht. Nach einem Terroranschlag auf dem Times Square wird das Kriegsrecht ausgerufen. Überfordert von den Massen abzuschiebender illegaler Einwanderer, beginnt ein privates Gefängnis, diese in Gaskammern "abzuwickeln".

Besonders beängstigend ist, wie sich – retrospektiv im Jahr 2019 erzählt – in logischer Konsequenz eine Abfolge von Ereignissen entwickelt, die teils bereits Realität geworden sind. Als beklemmendes Kammerspiel inszeniert Joanna Godwin-Seidl im Theater Drachengasse den Dialog der schwarzen Geschichtsprofessorin Gloria (Flo Wilson) und des zum Tode verurteilten Gefängnisaufsehers Rick. In wütender Hilflosigkeit verkörpert Dave Moskin die "Banalität des Bösen" – wie es Hannah Arendt genannt hat – und stilisiert sich als Opfer der Umstände. Kraftvoll bemüht sich Wilson als Gloria um Wissenschaftlichkeit, obwohl sie zwischen Ungläubigkeit, Abscheu und Zorn schwankt. Die grell ausgeleuchtete Kulisse der Verhörzelle und die beengte Raumsituation der Spielstätte verstärken das Gefühl des Grauens, wenn man dabei zuhört, wie leicht sich Geschichte wiederholen kann.

Um Fragen der Gerechtigkeit geht es in der Drachengasse die ganze Saison, das Motto lautet "It’s the fairness, stupid!". Dass es dabei mitunter aber auch heiter zugehen kann, zeigten bei der Spielplanpräsentation besonders die jungen Theatermacher. Vielversprechend etwa der Gewinner des Jurypreises 2016: Arme Gerechtigkeit, liegst im Bett und hast kein Kleid! (heka, 28.9.2017)