Der Sieg des christlichen Fundamentalisten Roy Moore bei der Senatsvorwahl in Alabama war möglicherweise das größte politische Erdbeben in den USA seit der Wahl von Donald Trump. Hier gewann ein radikaler Rechtspopulist vom Schlage Trumps gegen den Vertreter des republikanischen Establishments, den der Präsident gegen seine eigentlichen Instinkte unterstützt hatte. Es war ein Triumph von Steve Bannon, der nach seiner Verbannung aus dem Weißen Haus wieder an Einfluss gewinnt – und ein Fiasko für den republikanischen Senatsführer Mitch McConnell, der voll gegen Moore mobilisiert hatte.

Dutzende republikanische Abgeordnete und Senatoren müssen vor den Kongresswahlen 2018 mit innerparteilichen Herausforderern vom rechtspopulistischen Rand rechnen. Trump selbst wird viele von ihnen unterstützen – er hat seine Lektion in Alabama gelernt und will nicht wieder auf der Verliererseite stehen. Aber solche Kandidaten sind im eigentlichen Wahlgang oft nicht mehrheitsfähig. Das erhöht die Chancen der Demokraten, die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückzugewinnen – und vielleicht sogar die im Senat. Selbst im konservativen Alabama ist es nicht sicher, dass Moore im Dezember gegen den Demokraten gewinnt.

Entscheidend an dieser Entwicklung aber ist das kommende Ende der Koalition des Trump-Lagers mit den traditionellen Republikanern, die sich für die Wahl 2016 mühsam zusammengerauft hatten. Dieses Bündnis liegt bereits in Trümmern. Trump kann McConnell nicht verzeihen, dass dieser dreimal an der Abschaffung von Obamacare gescheitert ist. Er macht sich über die republikanische Führung lustig, liebäugelt mit den Demokraten, empört sich über seinen Gesundheitsminister Tom Price, der ständig mit Privatjet auf Steuerkosten unterwegs ist – und versucht mit allen Mitteln, seine Basis von weißen Modernisierungsverlierern zu befrieden.

Lobbyisten mit Übung, Reformen zu blockieren

Doch auch diesen Kurs kann der sprunghafte Präsident nicht halten. Seine Pläne für eine Steuerreform – das wichtigste Gesetzesvorhaben seiner Präsidentschaft – sind wie von der Wall-Street-Fraktion im Weißen Haus diktiert. Trump verkauft die Steuersenkungen zwar als Geschenk an die Mittelschicht, doch die Nutznießer dürften vor allem die Reichen sein – einschließlich seiner eigenen Familie, die vor allem von der Abschaffung der Erbschaftssteuer für Vermögen über 5,5 Millionen Dollar profitiert.

Finanziert werden sollen die riesigen Einnahmenausfälle durch das Schließen von Steuerschlupflöchern. Doch die Details dafür überlässt Trump dem Kongress, wo Lobbyisten viel Übung haben, solche Reformen zu blockieren. Sollten seine vagen Pläne tatsächlich Gesetz werden, würde daher das US-Budgetdefizit explodieren und die Finanzmärkte zutiefst verunsichern. Dass ein stärkeres Wirtschaftswachstum dies verhindern kann, wie Trump es vollmundig verspricht, wird von allen seriösen Ökonomen bezweifelt.

Wahrscheinlicher ist, dass auch die Steuerreform wie schon die Gesundheitsreform an der Zerstrittenheit der Republikaner und der Widersprüchlichkeit ihrer Vorhaben scheitert. Dem würde auch die überfällige Reform der Unternehmensbesteuerung, der einzig sinnvolle Teil des vorliegenden Plans, zum Opfer fallen. Trump würde dann erneut mit leeren Händen dastehen – und den Krieg gegen seine eigenen Parteifreunde weiter anheizen. (Eric Frey, 29.9.2017)