Wien – Der Vorgang war jedes Jahr der gleiche. Nach 2011 prognostizierten die Konjunkturforscher für Österreich alle paar Monate einen Aufschwung, der aber nie kommen wollte. Jedes Mal wurden die Erwartungen aufs Neue enttäuscht. Im Laufe des vergangenen Jahres ist nun eine echte Trendwende eingetreten.

Seither läuft das gleiche Spiel mit umgekehrten Vorzeichen ab. Ökonomen schrauben ihre Wachstumsprognosen in regelmäßigen Abständen nach oben, weil es wirtschaftlich besser läuft als angenommen. Diese Tendenz setzte sich am Freitag fort, als die Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS ihre deutlich nach oben revidierten Prognosen präsentierten. Das Wifo erwartet 2,8 Prozent Wachstum für die Jahre 2017 und 2018. Im Juni sind die Wifo-Experten von lediglich 2,4 Prozent heuer und zwei Prozent im kommenden Jahr ausgegangen.

Wobei man vorsichtig gerechnet habe, sagt der Wifo-Prognoseleiter Marcus Scheiblecker. Das erste und zweite Quartal seien sehr gut verlaufen. In Unternehmensbefragungen versprühen Manager derzeit noch mehr Optimismus. Trotzdem habe man eine langsame Abflachung der Konjunkturdynamik angenommen, so Scheiblecker. Es könnte durchaus sein, dass Österreichs Wirtschaft heuer oder 2018 ein Wachstum von drei Prozent schafft. Der Aufschwung wird von vielen Faktoren getragen: Der Konsum ist stark, die Exporte laufen ebenso ganz gut wie die Investitionen.

Freilich gibt es auch Schattenseiten. Die vielleicht wichtigste: Die Arbeitslosigkeit geht zwar zurück, doch weniger deutlich, als angesichts des starken Wachstums erwartbar wäre. Das hat viel mit Österreichs Platz im internationalen Umfeld zu tun.

Bekräftigung steigt

Die Beschäftigung steigt kräftig. Rechnet man aber alle neu geschaffenen und verloren gegangenen Arbeitsplätze zusammen, dann werden derzeit 70 Prozent der neuen Stellen an Migranten vergeben, allen voran an solche aus Osteuropa. Deshalb geht die Arbeitslosigkeit eher schleppend zurück. Wobei die Quote in der jüngeren Vergangenheit schon deutlich höher war, sagt der Wifo-Arbeitsmarktexperte Helmut Mahringer. Die scheidende rot-schwarze Regierung hat mit dem Beschäftigungsbonus ein erstes Anreizsystem geschaffen, um länger im Inland befindliche Personen bei der Jobsuche zu bevorzugen. Zu den größten Herausforderungen der kommenden Monate werde, laut Mahringer, dennoch die Frage zählen, wie Arbeitslose, die derzeit bei Unternehmen weniger begehrt sind als die vielfach jungen Osteuropäer, zu Jobs kommen können.

Die Inflation, sind sich Wifo und IHS einig, dürfte im kommenden Jahr moderat verlaufen und bei um die zwei Prozent liegen, und zwar trotz der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.

Dagegen ist das IHS bei der Gesamtbeurteilung pessimistischer: Für das kommende Jahr rechnet man nur mit 2,1 Prozent Wachstum. An so eine große Differenz zum Wifo konnten sich Ökonomen beider Institute nicht erinnern. Ein großer Teil des Unterschieds sei damit erklärbar, dass man trotz der Erholung eine verhaltenere Entwicklung beim Konsum annehme, heißt es beim IHS. (András Szigetvari, 29.9.2017)