Angela Merkel könnte sich bei der Bildung der neuen Regierung noch gedulden müssen.

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Berlin – Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) soll nach einem Zeitungsbericht übergangsweise das Finanzministerium übernehmen. Der Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel werde das Ressort nach dem Ausscheiden von Wolfgang Schäuble (CDU) geschäftsführend übernehmen, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Freitag.

Schäuble soll am 17. Oktober von der Unions-Fraktion für das Amt des Bundestagspräsidenten nominiert werden. CDU und CSU haben als stärkste Fraktion im Parlament das Vorschlagsrecht.

Schäuble-Wahl am 24. Oktober

Offiziell soll Schäuble am 24. Oktober bei der konstituierenden Sitzung des Bundestags zum Parlamentschef gewählt werden. Wie die "Süddeutsche Zeitung" weiter schreibt, ist der Hintergrund für Altmaiers Doppelfunktion, dass sich bei langwierigen Koalitionsverhandlungen Kanzleramt und Finanzministerium eng abstimmen müssten

Altmaier (CDU) erklärte, er halte es für möglich, dass sich die Koalitionsverhandlungen für eine neue Bundesregierung bis ins kommende Jahr ziehen. Bei der Bildung der großen Koalition 2013 "haben wir es knapp bis Weihnachten geschafft", sagte Altmaier dem "Focus". Er wünsche sich das auch dieses Mal. "Aber entscheidend ist der Inhalt, nicht das Datum."

Die "eigentliche Herausforderung" sei ein Koalitionsvertrag, "der das Land voranbringt", sagte Altmaier. Da die SPD eine erneute große Koalition ablehnt, bleiben der Union nur Gespräche mit FDP und Grünen über die Bildung einer Jamaika-Koalition.

Nachdem aus den Reihen der möglichen Jamaika-Parteien bereits unterschiedliche Bedingungen laut wurden, warnte Altmaier davor, schon jetzt rote Linien zu ziehen: "Alle Parteien sind gut beraten, keine vorgezogenen Koalitionsverhandlungen zu führen."

Mit einem Beginn der Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition wird erst nach den Landtagswahlen in Niedersachsen am 15. Oktober gerechnet. Aufgrund ihres schlechten Wahlergebnisses und des starken Abschneidens der AfD wollen CDU und CSU erst intern ihre künftige Ausrichtung klären.

Nah beieinander

"Wir waren in den allermeisten Fragen lange nicht so nah beieinander wie derzeit", sagte Altmaier. "Bei den Unterschieden, die es ebenfalls gibt, werden wir um Lösungen ringen." Strittig ist etwa die Frage der Festlegung einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen, eine der Hauptforderungen der CSU. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt eine Obergrenze ab.

Der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki forderte mehr Tempo bei der Bildung einer Jamaika-Koalition. "Alle sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Es gibt deshalb keinen Grund, noch länger zuzuwarten", sagte Kubicki dem "Handelsblatt". Der FDP-Politiker zeigte sich verwundert, dass Merkel noch nicht zu Sondierungsgesprächen eingeladen habe.

"Wir würden dieser Einladung (zu Sondierungsgesprächen, Anm.) sofort folgen, bei denen wir uns nicht nur atmosphärisch annähern könnten. Wir könnten auch die Grundlagen schaffen, um so schnell wie möglich in Koalitionsverhandlungen eintreten zu können", sagte Kubicki. "Die innere Befindlichkeit der CSU und der Streit mit der CDU dürfen aber nicht dazu führen, dass Deutschland deswegen dauerhaft ohne neue Regierung bleibt."

Keine Absprachen für Posten

FDP und Grüne wiesen einen Zeitungsbericht zurück, nach dem sie bereits weitreichende Absprachen bis zur Aufteilung von Ministerposten getroffen hätten. "Es hat bislang keinerlei vertiefte oder inhaltliche Gesprächskontakte zwischen FDP und Grünen gegeben", erklärte ein FDP-Sprecher. Ein Sprecher der Grünen sagte, es habe bislang keine offiziellen Gespräche gegeben.

Zuvor hatte die "Rheinische Post" unter Berufung auf ein Dokument aus Verhandlerkreisen berichtet, beide Seiten hätten sich darauf verständigt, die offiziellen Jamaika-Sondierungen am Montag nach der Niedersachsen-Wahl zu starten und sie bis zum 24. Oktober abzuschließen.

Demnach will die FDP das Finanzministerium, das Bildungsministerium mit Technologie und Digitalem sowie das Justizministerium besetzen. Die Grünen hätten es auf das Außenministerium, das Entwicklungsministerium und das um die Zuständigkeit für den Verbraucherschutz erweiterte Umweltressort abgesehen, hieß es in dem Bericht. Der Grünen-Sprecher dementierte die Existenz eines solchen Papiers. (APA, 29.9.2017)