Bild: Epic Games
Screenshot: Fortnite
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Foto: Epic Games
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Auch unglückliche PR und ein folgendes Bombardement mit schlechten Wertungen auf Steam kann das Phänomen "Playerunknown's Battlegrounds" ("PUBG, "Battlegrounds") nicht aufhalten. Rund 1,5 Millionen Spieler sind zur mitteleuropäischen Nachmittagszeit gleichzeitig online und kämpfen mit- und gegeneinander.

Kein Wunder, dass das Spielprinzip dahinter, "Battle Royale", bei anderen Spieleherstellern für Interesse sorgt. Seit kurzem hat Epic Games einen solchen Modus in seinem Survival-Actiongame "Fortnite" kostenlos für alle verfügbar gemacht und prompt für Kontroversen gesorgt. So gab es von mancher Seite Plagiatsvorwürfe zu hören. Bei den "PUBG"-Produzenten von Bluehole Games war man wiederum über den in der Bewerbung verwendeten Vergleich zum eigenen Spiel verärgert und sorgte sich hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Epic, deren Unreal Engine man verwendet.

Doch wie viel "Battlegrounds" steckt nun in "Fortnite"? Der GameStandard ist an Bord des fliegenden Schlachtenbusses gestiegen und dieser Frage spielerisch auf den Grund gegangen.

"Fortnite: Battle Royale" im Überblick.
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Exkurs: Was ist "Battle Royale"?

Bevor es ans Eingemachte geht, eine kurze Beschreibung von "Battle Royale". Das von einem japanischen Film inspirierte Prinzip wurde von Brandon Greene, bekannt als "Playerunknown" in Form von Modifikationen für die "Arma"-Spielereihe umgesetzt und später auch für das Game "H1Z1: King of the Kill" lizensiert. Es sieht vor, dass viele Spieler – üblicherweise 100 – sich auf einer Insel verteilen, dort Waffen und Ausrüstung suchen, und so lange gegeneinander kämpfen, bis nur noch ein Teilnehmer oder Team übrig bleibt.

Erschwert wird dies von einer vom Spiel definierten, kreisförmigen Zone, in die man sich rechtzeitig bewegen muss. Immer wenn diese Zone innerhalb des letzten Radius neu definiert wird, schrumpft sie. Je kleiner sie wird, desto mehr Schaden nimmt man, wenn man sich außerhalb aufhält. Damit werden die Spieler nicht nur zu taktischem Vorgehen gezwungen, sondern müssen sich früher oder später in die Konfrontation mit anderen begeben.

Gleiches Grundkonzept, völlig anderer Grafikstil

Damit arbeitet auch "Fortnite: Battle Royale", wo man alleine oder in Teams mit bis zu vier Kämpfern antreten kann. Nach einem Kurzaufenthalt auf einer Startinsel, den man zum Erproben von Waffen nutzen kann, geht es – beschallt von lautem "Uz-Uz" in einem auf einen riesigen Heißluftballon montierten Bus durch die Lüfte. Auf einer zufälligen Route fliegt er über die Karte. Spieler springen nach eigenem Gusto heraus und landen per Gleitschirm. Hier gibt es keinerlei Unterschied zu "PUBG".

Sehr sichtbar ist aber der unterschiedliche grafische Zugang. Wo "Battlegrounds" auf eine realistisch inszenierte Welt setzt, die sich in der aktuell einzigen Karte "Erangel" offensichtlich Osteuropa zum Vorbild genommen hat, sieht die Insel in "Fortnite" aus wie ein Märchenland. Grüne Hügel und Täler schmiegen sich um besondere Locations wie "Loot Lake", die "Wailing Woods" oder die "Flush Factory", die mitunter stimmungsvolle Abwechslung durch unterschiedliche Lichtverhältnisse schaffen. Dazwischen verteilt sind kleinere Gebäude, alte Autos und Felsen.

Schneller Start

In Epics Game geht es deutlich schneller zur Sache, als in seiner Inspirationsquelle. Grund dafür ist die kleinere Karte, deren Notwendigkeit sich unter anderem aus dem Fehlen von verwendbaren Fahrzeugen ergibt. Alle Spieler sind zu Fuß unterwegs, die Entwickler denken aber über die Einführung von nutzbaren Vehikeln nach.

Da die Wahrscheinlichkeit, im späteren Verlauf des Spiels noch nicht ausgeräumte Gebäude zu finden, gering ist, Gilt es, sich sehr schnell auszurüsten und nötigenfalls auch Spieler in der Umgebung flott zu eliminieren, um deren Ausrüstung abzugreifen. Dazu locken auch Schatztruhen, die teilweise in eigentlich unzugänglichen Dachgeschossen von Gebäuden versteckt sind und akustisch auf sich aufmerksam machen.

Hier kommt das aus dem "Fortnite"-Hauptspiel importierte Crafting-Feature zum Einsatz. Im Prinzip kann jedes Objekt und jede Struktur in dem Spiel zerstört werden. zerschlägt man etwa Bäume, Hauswände oder Container, erhält man Holz, Stein und Metall als Baumaterialien. Damit lassen sich einfache Formen – Decken, Wände, Stiegen, Dächer – errichten und somit auch Punkte der Karte erreichen, an die kein regulärer Weg führt. Die Baufunktion ist in ihrer Handhabe recht intuitiv umgesetzt.

Business (almost) as usual

Einmal ausgestattet, gilt es, sich in den aktuellen Kreis zu bewegen und eine vorteilhafte Position zu suchen. Eine Herausforderung, die abhängig von der zurück zu legenden Distanz und den landschaftlichen Gegebenheiten einmal schwerer und einmal leichter sein kann. Dabei hat man prinzipiell eine recht gute Übersicht der Umgebung. "Fortnite" wird in Third-Person-Perspektive gespielt, man sieht die eigene Spielfigur von hinten. Im Gegensatz zu "PUBG" ist die Kamera allerdings fixiert und lässt sich nicht mittels Tastendruck frei drehen.

Das hat wichtige spielerische Implikationen. Denn es schränkt den Vorteil ein, den man etwa hat, wenn man hinter einer Ecke oder einem Gebäude auf einen Gegner lauert. Etwas, das manche Spieler am Third-Person-Modus von "Battlegrounds" kritisieren, wo es mittlerweile als Alternative aber einen First-Person-Modus gibt, über den "Fortnite" nicht verfügt.

Ebenfalls anders: Es gibt hier kein hohes Gras und die Kämpfer können sich auch nicht hinlegen, sondern nur in die Hocke gehen. Deckung geben also Landschaftskanten, Felsen, Bäume, Gebäude und Büsche. Bekannte Endsituationen aus "PUBG" – zehn Spieler liegen in einem Getreideacker, wer zuerst aufsteht, stirbt zuerst – werden damit vermieden. Dennoch gibt es auch in diesem Game so etwas wie ein "typisches Endgame", aber dazu später.

Foto: derStandard.at/Pichler

Ab in den Kreis!

Vor dem Finale ist der Verlauf dem großen Hypegame recht ähnlich. Man arbeitet sich vor, entscheidet sich dafür Gegner aus taktischen Gründen zu ignorieren oder anzugreifen und behält immer den Kreis im Blick. Der Beginn des drohenden "Sturmes" wird akustisch eindeutig angekündigt, man wird also nicht so leicht von der nahenden "Todeszone" überrascht. Crafting spielt in diesem Abschnitt nur eine untergeordnete Rolle.

Passend zur bunten Welt, die über einige malerisch schöne Orte verfügt, sind auch die Waffen gehalten. Es handelt sich meist um Comic-Varianten realer Schießprügel, die jeweils in mehreren Qualitätsabstufungen mit unterschiedlicher Schadenswirkung zu finden sind. Dabei werden auch explosive Kampfmittel wie Bazookas nicht ausgespart.

Auch Fallen lassen sich finden, in die man Widersacher locken kann. Kisten, die zufällig ins Spielareal abgeworfen werden und besondere Ausrüstung enthalten, gibt es nicht. Sie sollen aber bald implementiert werden.

Casual Gunplay

Die Handhabung der Bewaffnung ist deutlich einfacher, weil unrealistischer, als in "PUBG". Zwar verziehen auch hier die Waffen je nach Entfernung und auch Patronen aus Scharfschützengewehren fliegen eine ganz leichte Kurve, grundsätzlich sollte aber jeder mit etwas Shooter-Erfahrung schnell eingeübt sein. Praktisch auch: Bei Treffern wird angezeigt, wie viel Schaden verursacht wurde. Dazu wird fliegende Munition sehr sichtbar dargestellt. Während man in "Battlegrounds" gerne einmal sterben kann, ohne zu wissen, von wo genau man beschossen wurde, ist es hier leichter, die Quelle es Übels auszumachen.

Aufgewertet werden können die Waffen nicht, es gibt keine Modifikatoren wie Scopes oder Schalldämpfer, sofern diese nicht Bestandteil des Schießgeräts selbst sind. Schutzausrüstung wurde mit Tränken ersetzt. Vorhanden sind allerdings Erste-Hilfe-Koffer und Bandagen.

Hochsitzbauen im Endgame

Geht das Spiel in Richtung Ende, die Anzahl der noch lebenden Teilnehmer geht in Richtung Einstelligkeit und die Spielzone passt gut in die eigene Sichtweite, ändert sich das Game oft. Anstelle recht dynamischer Kämpfe treten dann Fernduelle mit Scharfschützengewehren. Mitunter errichten Spieler an günstig erscheinenden Positionen hohe Verschläge, um von dort aus ihre Umgebung zu traktieren. Ungeduldige Kontrahenten können diese freilich auch in Trümmer schießen.

Freilich spielt auch hier der Kreis immer noch eine entscheidende Rolle. Denn die schönste Selbstbau-Burg nützt herzlich wenig, wenn sie nicht mehr in der Spielzone ist. Der Gewinner hat sich den Sieg – subjektiv – üblicherweise trotzdem verdient und einige Kills auf seinem Konto. Das lässt sich auch deswegen beurteilen, weil man im Solospiel weiter beobachten darf. "Fortnite" schaltet automatisch in die Ansicht des Kontrahenten, der einen selbst aus dem Spiel genommen hat. Wird er wiederum erschossen, darf man seinem Meuchler zusehen und kann auf diesem Wege die Partie bis zum Ende mitverfolgen.

Die Karte von "Fortnite: Battle Royale"
Foto: Fortnite

Kritik

Technisch und spielerisch ist das Game gut umgesetzt, allerdings gibt es auch Raum für Kritik und Verbesserungen. Das betrifft etwa das Waffenbalancing. Eine Sniperwaffe hohen Levels ist selbst auf mittlere Distanz schwer zu kontern, weil ein bis zwei Treffer ausreichen. Weiters fühlt sich die Handhabung des Gleitschirms bei der Landung zu Spielstart einfach nicht gut an. Und das Inventarsystem ist schlicht unpraktisch gestaltet, soll aber "auf lange Sicht" überarbeitet werden. Auch an der Größe und Platzierung mancher Menüelemente kann man noch feilen – so ist die nicht gerade kleine Minimap im rechten oberen Eck nicht gut aufgehoben, behindert sie doch potenziell den Ausblick auf Bergplateaus, von denen Scharfschützen gerne hinabschießen.

Es wäre auch nett, bestimmte akustische Effekte deaktivieren zu können – beispielsweise das laute Uhrticken als "Countdown" zur nächsten Zonenverkleinerung, da sie es erschwerden, Geräusche von Gegnern in der Umgebung zu hören. Ansonsten verdient sich das Spiel für seine Akustik aber Lob. Es ist stets gut möglich, zuzuordnen, woher ein Geräusch kommt und wie weit die Quelle etwa entfernt ist – etwas, das sich in "PUBG" in manchen Situationen, wie Häuserkampf, immer noch als Problem erweist.

Erweiterungen seit dem Test

Epic Games hat den Umfang seines Battle Royale-Games kurz nach Abschluss des Tests erweitert. Neben Solospiel und Viererteams kann man nun auch in Duos gegeneinander antreten. Dazu werden nun auch regelmäßig Kisten im Spielara abgeworfen – analog zu den Supply Drops in "Battlegrounds". Noch keine Informationen gibt es zu einer möglichen Erweiterung des Kartenrepertoirs.

Fazit: "PUBG"-Geschwister für Casual Gamer

Bleibt zum Abschluss noch übrig, die Ausgangsfrage zu beantworten: Ist "Fortnite: Battle Royale" einfach nur ein bunter Klon von "Battlegrounds"? Die Antwort lautet: Nein. Epic hat sich zwar ganz klar einige Dinge vom Hypegame abgeschaut, daraus aber ein Game für eine unterschiedliche Zielgruppe gebaut, das für diese sicherlich besser funktioniert.

Das Spiel ist wesentlich einsteigerfreundlicher – "arcadig", wenn man so will – als sein Vorbild und läuft auch schneller ab. Wo es in einer "PUBG"-Partie schon einmal 40 Minuten bis zum "Chicken Dinner" dauern kann, sind hier die Kämpfe normalerweise nach 20 Minuten beendet. Mit dem Verzicht auf Waffenmods und einigen anderen Maßnahmen wurde das Konzept an den passenden Stellen entschlackt. Zerstörbare Objekte und Crafting fügen wiederum eigene, interessante Elemente hinzu. Hinzu kommt noch ein wesentlicher Vorteil: "Fortnite: Battle Royale" ist im Gegensatz zum Branchenprimus bereits auf den Konsolen PS4 und Xbox One spielbar und erfreut sich auch dadurch selbst einer rasanten Verbreitung. Das Hauptspiel "Fortnite" und das kostenlose "Battle Royale" verzeichnen bereits mehr als sieben Millionen Spieler. Mit einer besseren Zugänglichkeit und einem einsteigerfreundlicherem Konzept dürfte "Fortnite: Battle Royale" daher für viele Spieler mehr als nur eine gute Alternative sein.

"PUBG" ist doch ziemlich anders.
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Wie geht's weiter?

Die Bezeichnung "Klon" wäre also falsch, man könnte es aber als eine kostenlose "Casual"-Variante mit Extra-Features sehen. Der Gratis-Aspekt wirft freilich noch zu beantwortende Fragen zur Zukunft von "Fortnite: Battle Royal" auf. Derzeit befindet sich die Entwicklung in der "Early Access"-Phase und Epic scheint den neuen Spielmodus als eine Art Werbemittel zu verstehen, um das Interesse am kostenpflichtigen Hauptspiel zu steigern. Dass man ohne Geldinvestition am Inselkampf teilnehmen kann, dürfte für die aktuelle Beliebtheit wesentlich sein.

Unklar ist freilich, ob der Inselkampf langfristig Geld kosten wird oder Epic auf ein Free-2-Play-Modell umsattelt. Potenzial wäre vorhanden. Aktuell wird die eigene Spielfigur zufällig erstellt, durchaus denkbar, dass das Aussehen des eigenen Alter Egos künftig (auch) mit Hilfe von Micropayments verändert werden kann, so wie es bereits in "PUBG" gehandhabt wird. (Georg Pichler, 08.10.2017)