Drew Sarich als Vampirgraf (li.) und Diana Schnierer als Sarah im aufwendigen Bühnenbild.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien – Dem Knoblauch gilt das Loblied des fidelen Völkchens in der verschneiten Schenke. Wen wundert's, wohnen sie doch in Transsilvanien. Girlanden aus den weißen Zehen schmücken denn die Türstöcke. Hinter einer davon verbirgt sich die Tochter des Gastwirts. Sie (Diana Schnierer) lässt zum heißen Bad gern die Hüllen fallen und spürt auch sonst den Drang zur Freiheit: Es zieht sie zum Schloss des Vampirgrafen, wo düstere Leidenschaft herrscht.

Handlung dröge, Gefühl zählt

1997 hat Jim Steinman für die Vereinigten Bühnen Wien rund um Roman Polanskis Film Tanz der Vampire (1967) und Bonnie Tylers motivisch öfter wiederkehrenden Song Total Eclipse Of The Heart ein Rockmusical komponiert, Michael Kunze schrieb die Texte, Polanski selbst inszenierte.

Zum dritten Mal (nach 1997 und 2009) läuft nun im Ronacher eine Spielserie. Lassen wir die Handlung Nebensache werden. Gefühl ist alles, was zählt! Schmerzlich, sehnend, romantisch – jede Musiknummer will die bombastischste sein. Das Sängerensemble hält mit. Schnierer als Wirtstochter Sarah klingt energisch. Sicher, kräftig und klar auch Raphael Groß (Gehilfe Alfred) und Drew Sarich als Graf von Krolock.

Sebastian Brandmeir lässt Professor Abronsius jenseits bloßen Schönsingens leben. Zugegeben, der Vampirforscher hat auch den lustigsten Part: In der deutschen Heimat in seiner Profession verkannt, will er hier Pflöcke in Vampirherzen schlagen. Stattdessen baumelt er am Hosenbund vom Gruftgeländer. Dass er in des Vampirs Drehbühnen-Bibliothek Machiavelli, Morus und Paracelsus zu lesen findet, hebt das Niveau der Story freilich nur nominell.

Maßlos im Aufwand

Rund um diesen Ensemblekern wurlt es. Illustrativ zieht man alle Register. Himmelbetten werden bekraxelt, Vampirscharen entsteigen Särgen zu kraftvollen Chor- und Tanznummern (Choreografie: Dennis Callahan). Opulente Kostüme von Seidenrüschen bis zur Lederkluft kleiden zweimal ein. Timing und Stimmen sitzen auch. Liebe- und auch effektvoll sind Szenendetails – taut der kalte Gast in der Schenke auf, knacken seine Glieder (Regie der Fassung: Cornelius Baltus).

Multimediakünstler Kentaur lässt Schloss, Schenke (märchenhaft) und Landschaft (schwarzweiß) als Kulissen und Projektionen zu spektakulärer Optik erstehen, hängende Gewölbe die Gruft der Bluttrinker überspannen. Von ihm stammen auch die Kostüme. Beinahe schade, dass naturgemäß – nachtaktiv! – so viel davon im Dunkel bleibt.

Maßlos ist der Aufwand, üppig die netto zweieinhalbstündige Wirkung. (wurm, 3.10.2017)