Bild nicht mehr verfügbar.

Das Weiße Haus erklärte nach den Schüssen von Las Vegas, eine Debatte über eine Verschärfung der Waffengesetze sei "verfrüht".

Foto: AP/Marcio Jose Sanchez

Aus dem zerbrochenen Fenster rechts eröffnete Stephen Paddock das Feuer

Foto: APA/AFP/MARK RALSTON

Las Vegas – Der Schütze von Las Vegas gibt den Ermittlern Rätsel auf. Der 64-jährige Stephen Paddock, ein vermögender und zuvor unauffälliger Pensionist mit einer Leidenschaft für Glücksspiel, hinterließ nach Polizeiangaben vom Montagabend keine Erklärung für seine Tat, bei der mindestens 59 Menschen starben. In seinem Hotelzimmer und seinem Wohnhaus fanden sich Waffen, Munition und Sprengstoffe.

Paddocks Tat ist das schlimmste Massaker in der jüngeren US-Geschichte. Sheriff Joseph Lombardo sprach von mindestens 59 Toten und 527 Verletzten.

Nach dem Massaker von Las Vegas mit 59 Toten und mehr als 500 Verletzten suchen die Ermittler mit Hochdruck nach dem Motiv des Attentäters. Die Polizei hält den 64-Jährigen für einen Einzeltäter. Beitrag aus der "ZiB" um 13 Uhr.
ORF

Sprengstoff gefunden

Ermittler rekonstruierten mittlerweile den Tatablauf: Am Sonntagabend durchbrach Paddock mit einem Hammer oder etwas Ähnlichem die Scheibe seines Zimmers im 32. Stock des Hotels Mandalay Bay in Las Vegas. Von dort aus schoss er mit automatischen Waffen auf tausende Menschen, die sich zu einem Freiluftkonzert eingefunden hatte.

Laut Lombardo schoss der Angreifer auch durch die Zimmertür auf Beamte im Hotel. Bevor Sondereinheiten sein Zimmer stürmen konnten, erschoss er sich. Ermittler stellten in dem Zimmer 16 Schusswaffen sicher.

Bei einer Razzia in Paddocks Privathaus in Mesquite, 130 Kilometer von Las Vegas entfernt, fanden Beamte dem Sheriff zufolge weitere 18 Schusswaffen, tausende Schuss Munition, den Sprengstoff Tannerit sowie Ammoniumnitrat, das zum Bombenbau verwendet wird. Auch das zweite Wohnhaus des Mannes in Reno sollte untersucht werden.

Skepsis bezüglich Mitteilung des IS

Die Beweggründe lagen zunächst im Dunkeln. Die Bundespolizei FBI und der Auslandsgeheimdienst CIA reagierten skeptisch auf eine Mitteilung der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), der zufolge Paddock zum Islam konvertiert war und die Tat als "Soldat des IS" begangen haben soll. Laut Polizei gab es dafür zunächst keinerlei Belege. Ein CIA-Sprecher warnte vor "vorschnellen Schlüssen, bevor alle Informationen ausgewertet sind".

Die Ermittler gehen bis auf weiteres davon aus, dass es sich bei Paddock um einen Einzeltäter handelte. Lombardo bezeichnete ihn als "Psychopathen" und "einsamen Wolf".

Bruder: "Kein Waffennarr"

Paddocks Bruder Eric schilderte ihn in US-Medien als unauffälligen und wohlhabenden Mann. "Er hatte wahrscheinlich nicht einmal einen Strafzettel." Stephen Paddock habe keine "politischen oder religiösen Verbindungen" gepflegt und sei "überhaupt kein Waffennarr" gewesen. Die Familie könne sich keinen Reim auf das Geschehen machen.

Allerdings habe sich Stephen Paddock einer starken Spielleidenschaft hingegeben und oftmals tausende Dollar beim Glücksspiel eingesetzt. "Er hat mir einmal eine SMS geschickt und geschrieben, dass er 250.000 Dollar im Casino gewonnen hat", berichtete Eric Paddock.

Lebensgefährtin war im Ausland

Die mutmaßliche Freundin des Todesschützen steht nach Behördenangaben nicht unter Verdacht. Nach Angaben der australischen Regierung vom Dienstag wird gegen die 62-Jährige nicht ermittelt. Zunächst sei die australische Staatsbürgerin mit philippinischen Wurzeln von den US-Behörden als "person of interest" behandelt worden, das habe sich inzwischen erledigt.

Ihres Wissens haben die US-Behörden "ausgeschlossen", dass sie eine "person of interest" sei, schrieb die australische Außenministerin Julie Bishop bei Twitter. Es gebe Berichte, wonach "ihr Ausweis zur Buchung des Hotels oder von etwas Ähnlichem" benutzt worden sei. Nach US-Angaben war Paddocks langjährige Gefährtin zur Tatzeit nicht in den USA und hält sich entweder auf den Philippinen oder in Japan auf. Australischen Medienberichten zufolge war sie mit drei Freundinnen im Urlaub auf den Philippinen.

Vater war gesuchter Bankräuber

Der familiäre Hintergrund des Täters ist schillernd: Sein vor einigen Jahren verstorbener Vater war ein Bankräuber und wurde zeitweise vom FBI auf der Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher geführt. Nach Darstellung von Eric Paddock hatten er und sein Bruder jedoch keinen Kontakt zum Vater.

Der Schütze hinterlässt zwei Privathäuser neueren Datums im Bundesstaat Nevada. Immobilienexperten schätzen deren Wert auf mindestens 700.000 Dollar (knapp 600.000 Euro).

Das Blutbad löste Entsetzen aus. US-Präsident Donald Trump sprach von einer "Tat des reinen Bösen" und kündigte für Mittwoch einen Besuch in Las Vegas an. Gleichzeitig rief er das Land zur Geschlossenheit auf. Das Weiße Haus erklärte, eine Debatte über eine Verschärfung der Waffengesetze sei "verfrüht", bevor nicht die Hintergründe geklärt seien. (APA, AFP, 3.10.2017)