Ein Deal auf Kosten der Allgemeinheit, so lautete die Kritik an den Übertragungsplänen.

Foto: APA/Schlager

Wien – Am Mittwoch wird beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) in Sachen Pensionsdeal der Bank Austria verhandelt – DER STANDARD berichtete. Die Bank will rund 3.000 Mitarbeiter vom hauseigenen in das staatliche ASVG-System übertragen.

Laut Sozialversicherungsgesetz – auf das sich die Bank beruft – kann ein Unternehmen Mitarbeiter vom hauseigenen Pensionssystem in das staatliche übertragen, dafür wären einmalig 7,1 Prozent des letzten Jahresgehalts einzuzahlen. Mit einem Sondergesetz wollte der Sozialminister das verhindern. Die Bank Austria hat dagegen geklagt.

ORF

Mit dem Gesetz, das 2016 beschlossen wurde, nachdem massive Kritik laut geworden war, die Unicredit-Tochter saniere sich auf Kosten der Allgemeinheit, wurde die Bank Austria gezwungen, für die Übertragung von Pensionsansprüchen ins staatliche ASVG-System 790 Millionen in die Hand zu nehmen – das Dreifache dessen, was ursprünglich laut Sozialversicherungsgesetz geplant war.

Verfassungsjurist Theo Öhlinger sprach im Ö1-"Morgenjournal" von einer "Lex Bank Austria". Auch wenn dies für den Steuerzahler durchaus nicht erfreulich sei, glaubt Öhlinger nicht, dass es halten wird – das Gesetz verstoße gegen den Vertrauensgrundsatz. Anders sieht das Sozialminister Alois Stöger. Er bleibt zuversichtlich, dass das Gesetz halten wird.

Vertreter der Bank argumentierten am Mittwoch vor dem VfGH mit einer seit 1955 bestehenden gesetzlichen Grundlage und gelebter Praxis, wonach Dienstgeber für Arbeitnehmer beim Wechsel aus dem ASVG in andere Systeme (Beamte oder Banken) pro Arbeitsjahr 7 Prozent Beitrag nachzahlen musste – aber auch umgekehrt, wenn Beamte oder Bankmitarbeiter in das ASVG wechselten, eben dieser Satz von 7 Prozent zur Anwendung kam. Dies sei eine ohne Ausnahmen durchgehend gelebte Praxis gewesen. Das sei zwar im konkreten Fall vorteilhaft für die Bank, in der Vergangenheit sei es aber auch schon von Nachteil gewesen.

Systemwidrige Regelung

Unterstützung erhält die Bank Austria vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG), der den VfGH angerufen hatte und wie die Bank Austria argumentiert, dass das Gesetz 2016 anlassbezogen und rückwirkend geändert wurde und dass die "Sachlichkeit" einer Verdreifachung des Beitragssatzes "zumindest als fraglich" erscheine. Es stimme zwar, dass der Übergang der Pensionsansprüche ohne Beendigung des Dienstverhältnisses bis zur Novelle 2016 nicht ausdrücklich geregelt war, man hätte aber aus Sicht des BVwG diese Lücke der Judikatur per Analogie schließen können und hätte keine Novelle gebraucht. Aufgrund des Volumens von 500 Mio. Euro sei es eine erhebliche, systemwidrige, rückwirkende und damit möglicherweise verfassungswidrige Regelung.

Vertreter der Republik Österreich verweisen hingegen darauf, dass das Sozialministerium ab den ersten Gesprächen im Jänner 2016 immer darauf hingewiesen habe, dass diese Übertragung aus ihrer Sicht nicht vom ASVG gedeckt sei. Es habe sich daher kein Vertrauen auf die Zulässigkeit der Vorgehensweise entwickeln können. Der Vorgang sei nicht schützenswert, weil sich dadurch die Bank Austria Vorteile verschafft habe, die zu Lasten der Versicherungsgemeinschaft gingen. Das Gesetz verlange die Beendigung des Dienstverhältnisses, um einen Übergang in das ASVG zu ermöglichen. Dazu komme, dass bisher Wechsel in beide Richtungen vorkamen, mögliche Systemfehler sich also ausglichen. Da aber das Bank-Austria-Versicherungssystem beendet wurde, sei ein Wechsel zurück unmöglich, es sei eine "Einbahnstraße" geworden.

"Es mag sein", dass es in der Vergangenheit "den einen oder anderen Fall" gegeben habe, wo ein Arbeitnehmer ohne Beendigung des Dienstverhältnisses in das ASVG gewechselt sei, aber nur weil "in der Verwaltungspraxis der eine oder andere Fall durchgerutscht ist", könne man nicht aus einer "rechtswidrigen Verwaltungspraxis in einzelnen Fällen" einen allgemeine Anspruch ableiten.

Urteil aus dem Jahr 1993

Umstritten ist auch ein VwGH-Urteil aus dem Jahr 1993. Damals wurde einem deutschen Professor der Übergang aus der Beamtenpension in das ASVG erlaubt, weil er seine österreichische Staatsbürgerschaft verlor, bevor sein Dienstverhältnis endete. Aus Sicht der Bank Austria ist das beispielhaft dafür, dass das Ende des Pensionsanspruches entscheidet und nicht das Ende der Anstellung. Aus Sicht der Republik Österreich war es ein Sonderfall für eine Person, die sonst alle Ansprüche verloren hätte.

Einig sind sich alle, dass der Beitragssatz von sieben Prozent, der seit 1955 nicht angehoben wurde – obwohl die Pensionsbeiträge des ASVG seither gestiegen sind – heute zu niedrig liegt. Bank-Austria-Vertreter deuteten an, dass sie nicht vor Gericht gezogen wären, wenn der Beitragssatz nur auf ein aktuelles Niveau angehoben worden wäre.

In vorsichtigen Worten deuteten die Bank-Austria-Vertreter an, dass der Staat mit dem jahrzehntelang stabil gehaltenen Beitragssatz wohl den Übergang von Beamten in das ASVG fördern und erleichtern wollte und "möglicherweise" ein Anreiz zum Übergang in das ASVG bestand. Vertreter der Republik Österreich wiesen das von sich, der Gesetzgeber habe keinen Anreiz geschaffen, so vorzugehen, wie es die Bank Austria tat, denn man habe davon ausgehen "müssen", dass das Gesetz auf diesen Fall nicht anzuwenden ist.

Der VfGH wird in den nächsten Wochen mündlich oder schriftlich die Entscheidung verkünden. (APA,red, 4.10.2017)