Michael Knights treuer Blech-Gefährte setzt auf Applesoft Basic.

Foto: Knight Rider/NBC

Man kennt das Phänomen nicht erst seit der "Matrix"-Trilogie: Fast immer, wenn es in Filmen oder Serien gerade um Hacker, Programmieren oder irgendetwas anderes mit "Cyber" geht, flimmert irgendwann Programmcode über den Bildschirm. Damit soll der Eindruck erweckt werden, dass sich gerade ein Experte mit einem Computersystem befasst.

Selten sind die Codeabschnitte jedoch länger zu sehen als für ein paar Sekunden. Dabei bieten sie mitunter spannende Einblicke. Der Blog "Source Code in TV and Films", der von John Graham-Cumming, Technikchef des Infrastrukturdienstleisters Cloudflare, betrieben wird, hat zuletzt etwa aufgedeckt, dass die Sternenflotte in "Star Trek" offenbar Windows auf ihren Bordcomputern installiert hat. Die Seite hat aber noch eine Reihe weiterer Entdeckungen auf Lager. Eine Auswahl.

Behind the Screens

Westworld (1973)

Über 40 Jahre alt der Film "Westworld", der auch als Vorlage für die aktuelle Erfolgsserie dient. Er ist nicht nur für seine futuristische Storyline bekannt, sondern auch dafür, erstmals Computergrafik auf die Leinwand zu bringen. Sie dienen dazu, zu zeigen, wie die humanoiden Roboter im Vergnügungspark Delos ihre Umgebung wahrnehmen. Ihr Ausblick auf die Welt, gestützt von Wärmebildkameras, war ausgesprochen pixelig.

In einer Szene ist der Kontrollraum von Delos zu sehen, wo Angestellte an Computerterminals arbeiten. Auf einem Bildschirm sind Ausschnitte eines Quellcodes zu sehen. Offenbar handelt es sich dabei um jenes Programm, das auf dem Rechner lief, der letztlich die digitalen Effekte für den Film erzeugte. Die Prozedur dafür – das Ausgangsmaterial waren Filmbänder, die zuerst eingescannt werden mussten – war aufwändig. Die Produktion von zehn Sekunden an Computereffekten dauerte rund acht Stunden. Etwa zweieinhalb Minuten davon gibt es insgesamt in dem Film.

Antonio Ospite

Knight Rider (1982 bis 1986)

"Knight Rider", die Serie mit David Hasselhoff als "Michael Knight" und seinem sprechenden Auto, war auf ihre Weise ebenfalls ein Blick in eine gar nicht mehr so fern erscheinende Zukunft. Denn jedes aktuelle Smartphone unterstützt bereits Spracheingabe und selbstfahrende Autos sind teilweise schon auf den Straßen unterwegs. Den eigenen Wagen über die Verwendung einer Smartwatch zu sich rufen zu können, erscheint wie eine logische Folgeentwicklung des Status Quo.

In einer Szene weist Michael Knight seinen intelligenten Wagen an, ihm Informationen über einen mittels Scanner entdeckten Hubschrauber zu liefern. Daraufhin laufen einige Dutzend Zeilen Code über das Onboard-Display von "K.I.T.T.", der schließlich Details zum Fluggerät preisgibt. Der Youtuber Antionio Ospite hat Applesoft Basic als Programmiersprache identifiziert und in einem Apple II-Emulator die Probe aufs Exempel gemacht. Resultat: Hubschrauber-Infos liefert das Programm nicht, dafür eine Liste an Zahlen, gefolgt von einem Verzeichnis mit Namen und Telefonnummern sowie einem Textabschnitt über einen "Bürgermeister Smith".

Behind the Screens

Iron Man (2008)

Es ist rund zehn Jahre her, als die Filmindustrie ihr Faible für Comic-Verfilmungen wiederentdeckte. Unweigerlich wurde auch Marvels "Iron Man" auf die Leinwand gebracht. Dort zu sehen ist der titelgebende Held, bürgerlich firmierend als Tony Stark, wie er in einer Höhle in Afghanistan seinen ersten Anzug "Mark-I" mit Code zum Leben erweckt.

"Dieser Code hat eine überraschende Vergangenheit", erklärt Graham-Cumming. Er stammt aus einem tatsächlich existierenden Softwareprojekt. Der Code wurde 1998 von Studenten der Stanford University geschrieben, die damit einen Computer namens "Robotic Command Explorers" (RCX) steuerte. Dieser stammt von keinem geringeren Hersteller als der dänischen Spielzeugschmiede Lego und bildete das "Gehirn" der "Mindstorms"-Reihe, die Kindern und Jugendlichen die Grundlagen des Programmierens und der Robotik beibrachte. Weil Stark seinen Anzug, ähnlich wie ein Legoprojekt, Stück für Stück zusammensetzt, vermutet Graham-Cumming, dass die Auswahl von gerade diesem Quellcode kein Zufall gewesen ist.

Behind the Screens

Andere Beispiele

Nicht immer haben sich Filme- und Serienmacher aber viele Gedanken um die Abbildung von Programmcode gemacht. In "Mission Impossible: Rogue Nation" "hackt" sich Agent Benji etwa in einen Rechner, um Dateien mit Geheiminformationen zu kopieren. Der dafür verwendete Code stammt allerdings aus der Dokumentation der Programmiersprache Processing und dient dem Zeichnen eines Wirbels.

Im Trailer zu "Spiderman: Homecoming" (2017) taucht wiederum Code auf, der in Adobes Skriptsprache "Expressions" verfasst ist, die etwa im Programm "After Effects" für digitale Filmnachbearbeitung eingesetzt wird. Dabei versucht der junge Peter Parker, die von seinem Mentor Tony Stark gesetzten Beschränkungen für seinen Heldenanzug auszuhebeln. Tatsächlich, so ergeben Recherchen von Lesern des Blogs, scheint der Code aber nur zur dynamischen Anpassung von Menüelementen zu dienen.

Der gleiche Ausschnitt ist aber auch schon vor dem neuen "Spiderman"-Film aufgetaucht – und zwar in einer Folge der Scifi-Serie "Extant" aus 2015. Hier wird er von einem System angezeigt, das Satellitenkommunikation abwickelt. Zur Wiederverwertung hat Graham-Cumming eine Theorie: Möglicherweise war für die Szenen in "Spiderman" und "Extant" das gleiche Visual-Effects-Team verantwortlich.

Sehr populär ist außerdem der offen liegende Code der Malware "Stuxnet", die für einen Angriff auf das iranische Atomprogramm genutzt wurde. Er gibt etwa mehrere Gastspiele in "Person of Interest", taucht aber auch im Spitalsdrama "Grey’s Anatomy" auf. Zu sehen ist er auch in einem Vorstellungsvideo des britischen Luftfahrts- und Rüstungskonzerns BAE Systems.

Moldy Warp

Beliebtes Werkzeug: nmap

Zeit, den Kreis zu schließen. Ein Werkzeug scheint bei Filmemachern schon länger sehr beliebt zu sein: nmap. Die Open Source-Software dient hauptsächlich der Analyse und Sicherheitsprüfung von Computernetzwerken und scheint mit ihrem Kommandozeilenfenster mit grüner Schrift auf schwarzem Hintergrund eine Art Magnet für "Cyber"-Darstellungen zu sein.

Die Entwickler selbst führen auf ihrer Homepage eine Liste von Filmen, in denen ihr Werkzeug Teil der Inszenierung ist. Neben einer Reihe unbekannterer Werke und einem Softcore-Porno finden sich darunter auch einige Blockbuster. Zum Beispiel "The Girl with the Dragon Tattoo", "Die Hard 4", "Fantastic Four", dem "Snowden"-Film und – erraten – die "Matrix"-Reihe.

Nachtrag: Nicht unerwähnt bleiben darf auch folgender Ausschnitt aus der Serie "Castle", die von Kritikern scherzhaft als "die realistischste Hacking-Szene aller Zeiten" bezeichnet wird. Wir danken Forenuser ahoihoi für den Hinweis. (gpi, 09.10.2017)

Kyle Buchanan