Entspannter FPÖ-Chef Strache: Dank an die SPÖ und alle anderen.

Foto: APA / Hans Punz

Wer in der "Affäre Silberstein" von "einem Tiefpunkt" des österreichischen Wahlkampfes spricht, untertreibt schwer. Es ist DER Tiefpunkt, tiefer geht nicht mehr: Ein israelischer Geschäftsmann und Berater, Spezialist für Dirty Campaigning, macht mit einem bunt zusammengewürfelten Team österreichischer Internet-"Spezialisten"für eine Menge Geld zwei Facebook-Seiten, auf denen nicht nur Sebastian Kurz angepatzt und verunglimpft wird, sondern gleich auch der eigene Kandidat (damit es nicht so auffällt – hää?). Damit dann alle glauben, der Schmutz komme von der FPÖ, wird auch noch gegen den ungarischstämmigen US-Milliardär George Soros gehetzt, dessen "Freund" Kurz angeblich sei.

Des Schmutzes nicht genug, nun behauptet ein Ex-Mitarbeiter Silbersteins auch noch, ihm seien von der ÖVP 100.000 Euro geboten worden, damit er als schwarzer "Spitzel" im Team der Grauslichkeiten weitermacht.

Wäre das alles nicht so ungustiös, müsste man lachen, vor allem über die Sache mit dem US-Milliardär, die ja, antisemitisch konnotiert, eine falsche Spur zur FPÖ legen und Kurz "anpatzen" sollte. Zur Erinnerung: George Soros gilt im Ungarn Viktor Orbáns als "Staatsfeind Nr. 1" ("Die Welt"), weil Soros Orbáns rechtspopulistischen Kurs kritisiert. Die von Soros finanzierte, international renommierte Universität CEU soll geschlossen werden, eine Plakatwelle im Sommer im Auftrag von Orbáns Partei Fidesz machte Stimmung gegen ihn.

Viele Feinde

Der ungarische Außenminister unterstellte im September dem österreichischen Kanzler Kern, er unterstütze einen angeblichen "Soros-Plan" zur Ansiedlung von Migranten in Europa. Wider den Orbán'schen Furor waren mahnende oder gar tadelnde Worte des österreichischen Außenministers Kurz kaum zu vernehmen, viel lieber erklärte dieser, ganz im ungarischen Sinne, die Verteilung von Flüchtlingen in Europa per Quote ohnehin für tot. Wie man daraus ableiten mag, Kurz sei ein Freund von Soros, das verstehen wohl nur die Verfasser dieser trolligen Seiten.

Vielleicht erklärt sich das aber auch dadurch, dass George Soros noch einen weiteren innigen Feind auf der Welt hat – nämlich jenen bewussten Tal Silberstein. Man hasst einander innig zu dritt, denn da ist ja noch Beny Steinmetz, israelischer Milliardär und Freund von Silberstein, der mit diesem Mitte August zunächst in Israel wegen Korruptionsverdachts verhaftet wurde. Es geht um einen geplatzten Eisen-Deal mit Guinea, bei dem angeblich Schmiergeld geflossen sein soll. Steinmetz vermutet eine Kampagne von Soros hinter seiner Festnahme und klagte diesen wiederum auf Schadenersatz in Höhe von zehn Milliarden Dollar – Soros hatte nämlich offenbar der Regierung von Guinea abgeraten, auf diesen Deal einzusteigen. Schon davor hatte man einander wenig geliebt, da ging es um Schürfrechte in Rumänien.

Entspannter Strache

Es riecht jedenfalls stark nach unsauberen Geschäften, da machen die patscherten Schmutzkampagnen für die SPÖ ein famoses Sahnehäubchen, und alle geißeln den Antisemitismus, den der Jude Silberstein da mit seinen Soros-Anspielungen fabrizieren hat lassen, und fühlen sich gut dabei – inklusive der FPÖ.

Der passt die ganze Chose famos ins staatstragende Getue, Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache lehnt sich überhaupt nur noch zurück und lächelt milde. Zu Recht: Alle reden über die roten Fake-Seiten mit antisemitischem Unterton, und niemand regt sich etwa mehr über die handfesten antisemitischen Anspielungen des FPÖ-Abgeordneten Johannes Hübner auf. Oder über eine Mandatarin Susanne Winter, die ein antisemitisches Posting gelobt hatte. Oder über Strache selbst, der einst einen fetten Banker mit Hakennase und Judenstern gepostet hatte.

Schuld an allem

Jetzt unterstellt übrigens der niederösterreichische ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner Tal Silberstein und seinem ehemaligen Mentor Stanley Greenberg, Urheber der hartnäckigen promiskuitiven Gerüchte rund um den ehemaligen niederösterreichischen Landeshauptmann zu sein. Beweise? Wozu denn – einmal böse, immer böse. Dass auch auf diese Weise antisemitische Codes ("Die Juden sind an allem schuld") bedient werden, scheint weder den wackeren Landespolitiker noch seinen Parteichef oder auch nur einen seiner prominenten Kandidaten noch die Kultusgemeinde irgendwie zu stören.

Auch das lässt tief blicken. Antisemitismus ist im Wahlkampf offenbar nur dann verwerflich, wenn er einem gerade in den Kram passt. Und Strache lehnt sich entspannt zurück. (Petra Stuiber, 5.10.2017)