Die Opposition ist sich einig: Nicht nur die Vorkommnisse im Kabinett von Kanzler Kern (SPÖ), sondern auch jene im Büro von Außenminister Kurz (ÖVP) gehören durchleuchtet.

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Wien – Für Peter Pilz, der mit eigener Liste um den Einzug ins Parlament kämpft, soll alles sehr rasch gehen: Schon bei der konstituierenden Sitzung des neuen Nationalrats am 9. November könnte aus seiner Sicht ein U-Ausschuss zu den aktuellen Wahlkampfaffären beschlossen werden. Dafür wäre der Aufdecker, früher bei den Grünen, sogar bereit, den quasi unterbrochenen U-Ausschuss rund um die Eurofighter zeitlich hintanzustellen – um "all die Vorwürfe, die derzeit im Raum stehen" und die womöglich "viel Steuergeld" gekostet haben, zu klären.

Denn nicht erst mit Auffliegen des Skandals rund um die Sudel-Facebook-Seiten gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz, die der wegen Korruptionsvorwürfen gefeuerte Ex-SPÖ-Berater Tal Silberstein betrieben und von denen ein mittlerweile suspendierter Mitarbeiter der SPÖ-Zentrale zumindest gewusst haben soll, überschlagen sich die Ereignisse. Der Berater Peter Puller, der auch schon für ÖVP-Ministerien und die Wiener Neos tätig war, soll nicht nur bei dieser ungustiösen Kampagne, sondern auch bei der Anti-Extremismus-Plattform des ÖVP-Kandidaten Efgani Dönmez unter einer hohen Honorarvereinbarung mitgemischt haben. Schon davor waren auch Kabinettsmitarbeiter von Außenminister Kurz unter Verdacht geraten, an der Erstellung eines Strategiepapiers für dessen Machtübernahme in der ÖVP mitgearbeitet und damit widerrechtlich Parteiarbeit geleistet zu haben – und all das ist nicht nur für Pilz "absolut aufklärungsbedürftig".

Zu schaumgebremst

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl gehen SPÖ wie ÖVP angesichts der schweren Verdachtsmomente "klagstechnisch zu schaumgebremst" vor. Zwar sei nun die Justiz am Zug, doch der Freiheitliche gibt sich gesprächsbereit, nach dem Wahltag mit den anderen Fraktionen über einen U-Ausschuss zu reden. Das Dirty Campaigning von Silberstein will Kickl dort zwar nicht in den Fokus rücken – wohl aber "die Finanzierungsnetzwerke hinter den Regierungsparteien", denn: Silberstein habe offenbar deren "Kauf als Geschäftsmodell" auch in Rumänien und Israel betrieben – "und das wäre eine Untersuchung wert". Für Kickl ebenfalls zu hinterfragen: inwiefern Kabinettsmitarbeiter von Rot und Schwarz in die diversen Wahlkampfcausen verwickelt sind.

Um vor dem Wahltag nicht in hemmungslosen Populismus zu verfallen, gibt der grüne Klubchef Albert Steinhauser zu bedenken, dass laut Geschäftsordnung beim Abstecken des Untersuchungsgegenstands ein fragwürdiger Konnex mit Verwaltungstätigkeiten oder der Vollziehung des Bundes gegeben sein muss – "nach derzeitigem Stand" sei das bei der Affäre rund um Silbersteins Sudelwebseiten auch für ihn nicht gegeben. Was die Grünen in einem U-Ausschuss aber auch durchleuchten wollen: Ob es zu "einer missbräuchlichen Verwendung von Ministeriumsressourcen zu Zwecken der Wahlkampfvorbereitung oder für den Wahlkampf gekommen ist" – was ebenfalls auf Vorkommnisse in den Kabinetten von Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern und Kurz abzielt.

Neos-Boss Matthias Strolz hat bereits im STANDARD-Interview erklärt, dass aus seiner Sicht ein Untersuchungsgremium "vorstellbar" ist, weil der "Kollateralschaden für die Politik gewaltig" sei. Er pocht darauf, dass auch die Wahlkampffinanzierung Thema werden sollte, weil "die große Show" von Kurz "nicht unter zehn Millionen machbar" wäre.

Zur Erinnerung: Die Wahlkampfkostenobergrenze für die Parteien liegt bei sieben Millionen Euro. Für das Einsetzen eines U-Ausschusses wiederum braucht es seit dem Jahr 2014 nur mehr die Zustimmung einer Minderheit, konkret ist dafür ein Viertel der Abgeordneten nötig.

Und was sagen die Regierungsfraktionen zu einer drohenden Untersuchung? Im SPÖ-Klub gibt man sich offen, man sei "für volle Transparenz", die Partei sei "ja selbst Geschädigter" – und daher würde man einen U-Ausschuss begrüßen, so er "zur Aufklärung beiträgt". Zum Untersuchungsgegenstand gibt sich die SPÖ zurückhaltend: Das sei dann im neuen Nationalrat sorgsam zu prüfen.

Auch für die ÖVP ist ein U-Ausschuss "vorstellbar". Ohne es direkt anzusprechen, wird aber davon ausgegangen, dass nur eine Affäre interessant sei – nämlich jene von Silberstein und der SPÖ. (Peter Mayr, Nina Weißensteiner, 4.10.2017)