Marko Arnautovic hat eigentlich eine gute Qualifikation gespielt, im Mannschaftssport Fußball ist es allerdings zu wenig gewesen.

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Wien – Die Vorbereitung ist in der Tat speziell. Die österreichische Fußballnationalmannschaft hat die WM-Qualifikation ja vergeigt, das Spiel am Freitag gegen Serbien ist, von Punkten für die Weltrangliste und der Ehre abgesehen, relativ sinnbefreit. Nicht für die Serben, im Falle eines Siegs wären sie fix bei der Endrunde in Russland.

Die österreichischen Kicker scheinen sich auf Marcel Kollers unfreiwilligen Abgang zu konzentrieren, diesbezüglich ist kein Schlendrian feststellbar, es läuft höchst professionell ab. Marc Janko, einer der eloquentesten, machte am Dienstag den Anfang, als er den Stil des Fußballbundes ÖFB in der Causa Koller als "fragwürdig" und "beschämend" bezeichnete.

Arnautovic unterstützt Janko

Am Mittwoch setzte Marko Arnautovic fort, er sagte, "ich schließe mich zu 100 Prozent Marc an". Und er legte nach, übrigens mit leicht krächzender Stimme. Hals und Kehlkopf erholen sich von einer Entzündung. Der Schnupfen sollte sich bis Freitag beruhigt, die Nase das Rinnen eingestellt haben. "Die Leute sollen richtig in sich reingehen und nicht eine Nacht schlafen und dann sagen, es läuft nicht mehr. Das ist ein großer Fehler."

Die "Leute" sind Verbandsfunktionäre, denen Arnautovic eine "aggressive Art" unterstellt. "Der Trainer und Sportdirektor Willi Ruttensteiner können nichts dafür, sie haben ja nicht gespielt. Die Herren sollen auf uns zukommen, sie müssen uns hinterfragen, zu uns kommt gar kein Druck. Ruttensteiner hat in 18 Jahren viel gemacht, beim Nachwuchs, bei den Frauen, bei uns."

Am Samstag findet in Wien eine außerordentliche ÖFB-Präsidiumssitzung statt, Ruttensteiner könnte durch Peter Schöttel ersetzt werden. Derlei Gerüchte kursieren seit Wochen, laut "Presse" gilt es nun als fix. Verbandschef Leo Windtner sagte dem STANDARD: "Es wird mit mehreren Kandidaten gesprochen. Das Match ist offen." Die Kritik der Spieler sieht er gelassen: "Wir verpassen niemandem einen Maulkorb."

"Habe ihm viel zu verdanken"

Kollers Abschied nach sechs Jahren schmerzt Arnautovic. "Er hat viel dazu beigetragen, dass meine Leistungen gut sind, das hat aber auch mit meiner Entwicklung zu tun. Nicht nur ich habe ihm viel zu verdanken, sondern der ganze österreichische Fußball." Generell sei die Erwartungshaltung rund um das Nationalteam zu hoch. "Wir sind nicht Brasilien oder Deutschland, dass man sich für alles qualifizieren muss. Wir sind Österreich und immer am Bauen." Der 28-jährige West-Ham-Legionär wird auch nach Koller weiter zimmern, basteln, bauen, formen, kneten. "Mir ist es egal, wer Teamchef wird. Wenn ich einberufen werde, bin ich da", versprach der 64-fache Internationale (15 Tore).

Marcel Koller, Marko Arnautovic, Co-Trainer Thomas Janeschitz: Es sind die letzten gemeinsamen Tage dieses Trios.
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Hätten David Alaba, Martin Harnik, Marcel Sabitzer und Martin Hinteregger nicht abgesagt, sie wären voll auf Jankos und Arnautovics Linie gewesen. Der Verschnupfte freut sich auf den Freitag, auf das Auswärtsspiel im Happel-Stadion, die serbischen Fans werden die österreichischen quantitativ und punkto Dezibel übertreffen. Der Wiener Arnautovic hat serbische Wurzeln. "Ich liebe beide Länder, es wird sehr emotional."

"Matic ist überragend"

Die Erfolge seiner halben Liebe erklärt er so: "Sie haben viele Stars. Die hatten sie schon früher, aber jetzt sind sie ein Team, jeder arbeitet für jeden." Er hob Nemanja Matic, Mittelfeldspieler bei Manchester United, hervor. "Er ist überragend, hat alles, was man als Fußballer braucht. Wir müssen aber auf alle elf aufpassen. Und sogar auf die Reservisten." Die jüngsten Misserfolge der anderen halben Liebe, an denen er direkt beteiligt war, seien auch nicht so kompliziert zu analysieren: "Die Quali war nicht schlecht, sie war unglücklich."

Kollers Vorbereitung ist auch aus einem anderen Grund speziell. Ehe der Vorhang fällt, wurden fünf Debütanten einberufen. Einer davon ist Maximilan Wöber, der von Rapid zu Ajax Amsterdam gewechselt ist. "In eine andere Welt." Beim 4:0 in Heerenveen hat der 19-jährige Innenverteidiger das letzte Tor gemacht. Wöber kennt Koller erst ganz kurz. "Der Teamchef hat mir die Ideen vermittelt." Er sehe das eher pragmatisch. "Fußball besteht aus Trainerwechseln. Als ehemaliger Rapidler weiß man das." Arnautovic: "Wir geben 100 Prozent. Nicht nur für Koller, für uns." (Christian Hackl, 4.10.2017)