Michael Schrittwieser, Trainer des regierenden Meisters Kapfenberg und Sportdirektor des Basketballverbandes in Personalunion, schwebt für Österreich langfristig eine Liga mit den acht besten Standorten des Landes vor.

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Wien – "Es soll kein Verein umgebracht werden", sagt Michael Schrittwieser zum STANDARD. Aber um den österreichischen Basketball aus seinem Schattendasein zu holen, "brauchen wir die besten Basketball-Standorte Österreichs in der Bundesliga (ABL) und ein klares Bekenntnis zum Nachwuchs".

Als Trainer des Titelverteidigers Kapfenberg und Sportdirektor beim Österreichischen Basketballverband (ÖBV), begrüßt Schrittwieser die Änderungen in der neuen Saison. Neun Teams bestreiten die neue ABL-Saison, am Ende wird es einen Fixabsteiger geben. In einer Relegation spielen Achter und Neunter der Bundesliga mit Meister und Vizemeister der zweiten Liga um einen Platz in der obersten Spielkasse.

Fokus Talente

Oft probiert, wieder anvisiert: Es sollen mehr junge Talente zum Einsatz kommen. Damit rückt auch die zweite Liga in den Fokus. "Alles was gerade gehen kann, zwei Meter groß ist und eine Kugel fangen kann, wurde bislang von den Bundesligavereinen abgesaugt", sagt Schrittwieser. Die zweite Liga bleibt zwar mehrheitlich ein Amateurbetrieb, starke Vereine wie die Vienna DC Timberwolves aus Donaustadt oder Dornbirn sollen aber langfristig Teil der ABL werden.

Kleinere Standorte wie Salzburg, Mattersburg oder Villach sollen zukünftig weniger von unterdurchschnittlichen Legionären abhängig sein. Auch weil mit der neuen Saison nur mehr drei statt vier Legionäre gleichzeitig auf dem Feld stehen dürfen. Das Ziel sind zwei durchlässige Leistungsstufen.

Sorgenkinder

Große Sorgenkinder in der obersten Spielklasse bleiben die Ballungszentren Wien und Graz. Beim BC Vienna stehen wenigen Talenten viele alternde Routiniers gegenüber. Basketball-Legende Stjepan Stazic ist mittlerweile 39 Jahre alt, Jason Detrick 36 und der tschechische Legionär Jiri Hubalek 34, zwei Wochen vor Saisonstart waren bei den Wienern nur acht Spieler im Bundesligakader aufgelistet. Der UBSC Graz hat ebenfalls finanzielle und personelle Sorgen, ist definitiv ein Abstiegskandidat. Besser ins Fernsehbild rücken Österreichs Basketballer übrigens in Zukunft nicht. Sky, TV-Partner der ABL, zeigt zwar weiterhin ein Spiel pro Runde, allerdings mit reduziertem Aufwand. Künftig gibt es, so mit vier Kameras (je zwei Haupt- und Korbkameras) zwei weniger als bisher und daraus resultierend kein Studio, keinen Moderator und keinen Experten.

Welchen Beitrag leistet der Basketballverband? Schickte der ÖBV vor wenigen Jahren noch ein halbes Dutzend Nachwuchs-Nationalteams zu Europameisterschaften, waren es diesen Sommer nur mehr zwei U18-Jahrgänge, jeweils einer für Burschen und Mädchen. Für die jüngeren Jahrgänge gibt es individuelle Förderprogramme. Aufgrund der schwachen EM-Ergebnisse der vergangenen Jahre "finanziert der ÖBV keine Touristenausflüge mehr".

Radar

Ein Jakob Pöltl ist bei der U18-B-EM in Mazedonien von amerikanischen Scouts entdeckt worden. Nimmt man jungen Talenten damit nicht die Möglichkeit, sich international zu präsentieren? "Die Scouting-Szene ist mittlerweile so ausgereift und transparent, dass weltweit jeder zwei Meter große Bursche ab 14 Jahren auf dem Radar von europäischen Klubs und amerikanischen Universitäten ist."

Vor wenigen Jahren kam der ÖBV mit einem Sportkoordinator aus, mittlerweile gibt es zwei Generalsekretäre, einen Sportdirektor (der zugegeben für eine Aufwandsentschädigung im Sommer arbeitet) und bis vor kurzem einen teuren, litauischen Trainerstab für das Herren-Nationalteam. "Das Organisationsbudget wurde nicht erhöht, vom Sport wurden keine Mittel abgezogen", sagt Schrittwieser. (Florian Vetter, 5.10.2017)