Neue Vorwürfe gegen das Team von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Es soll ein Angebot gegeben haben, Informationen über die Kampagne von Christian Kern zu sammeln.

Foto: apa

Wien – Eine weitere, neue Wendung in der Causa Silberstein: Der PR-Berater und ehemalige ÖVP-Pressesprecher Peter Puller behauptet in der aktuellen "Falter"-Ausgabe, dass ihm der Pressesprecher von ÖVP-Chef Sebastian Kurz im Juli 100.000 Euro geboten habe, damit er Details über die rote Kampagne verrate. Bei einem zweiten Treffen sei ihm angeboten worden, als "Spitzel" für die ÖVP zu arbeiten.

In der "Presse" erklärt Puller, er sei "bereit, eine eidesstattliche Erklärung abzugeben, und habe nachweisbare Konversationen über ein zweites Treffen mit der ÖVP". Außerdem habe er mehrere Menschen sofort nach dem Gespräch darüber informiert. Einer davon sei Tal Silberstein gewesen, mit dem er noch immer in engem Kontakt stehe.

Im ORF-Radiosender Ö1 sagte Puller am Donnerstagabend, dass er das Geldangebot mit SMS-Nachrichten belegen kann. Eine Summe wird in den SMS nicht genannt, so Ö1.

ÖVP dementiert

Ein ÖVP-Sprecher stellt die Dinge komplett anders dar. Zwar habe es ein Treffen gegeben, allerdings kein derartiges Angebot: "Es gab und gibt im Zusammenhang mit den Dirty-Campaigning-Aktivitäten der SPÖ seitens der Volkspartei weder ein Angebot noch eine Zahlung an Silbersteins Geschäftspartner Puller oder irgendwen anderen aus Silbersteins Umfeld."

Der ehemalige ÖVP-Justizministeriums-Sprecher Peter Puller behauptet, dass ihm die ÖVP 100.000 Euro angeboten haben soll, um Informationen aus der SPÖ zu kommen. Ein Sprecher der ÖVP dementiert das. Beitrag aus der ZiB1 am Donnerstag.
ORF

In der "Presse" erklärte Puller zudem, es sei korrekt, dass Kanzler Christian Kern und der mittlerweile zurückgetretene Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler nichts gewusst hätten. Das Facebook-Projekt gegen Kurz sei parallel zu einer Positivkampagne gelaufen. "Wir wollten gewisse Gruppen und deren Reaktionen abtesten und für Marktforschungszwecke verwenden."

Zwei Treffen bestätigt

Der Pressesprecher von Kurz bestätigt im Gespräch mit dem STANDARD, Puller zweimal getroffen zu haben, zuletzt im Juli auf seine Initiative. Er habe dem Gerücht nachgehen wollen, wonach Puller für die SPÖ und Silberstein arbeite. Puller habe dies in Abrede gestellt. Der Kurz-Mitarbeiter beteuert, dass weder er noch ein anderer Puller Geld für Informationen geboten haben.

ORF-Politologe Peter Filzmaier analysiert die letzten Ereignisse rund um die Facebook-Affäre und die Causa Silberstein. Beitrag aus der "ZiB 2" am Donnerstag.
ORF

Dem Umfeld von Sebastian Kurz sei bereits im Jänner des heurigen Jahres aufgefallen, dass über Kurz und sein Privatleben recherchiert werde. Puller habe mehrere ehemalige und auch noch aktuelle Mitarbeiter von Kurz getroffen, diese hätten den Eindruck gehabt, er habe sie aushorchen wollen. Schon seit geraumer Zeit bestehe im Team von Kurz der Verdacht, dass an einer schmutzigen Kampagne gegen den nunmehrigen ÖVP-Spitzenkandidaten gearbeitet werde und dass Tal Silberstein dahinterstecke.

Durch SPÖ gesteuert

Am Donnerstag reagierte man in der ÖVP auf die neuen Enthüllungen fassungslos. Puller werde von der SPÖ gesteuert, hieß es.

Dass Puller nach wie vor mit Silberstein in Kontakt stehe, bestreitet er nicht. Die vergangenen Tage habe Puller im Ausland verbracht, er selbst sagt, in Griechenland, die ÖVP vermutet, Puller sei in Tel Aviv bei Silberstein gewesen.

ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger nimmt zu den schwerwiegenden Vorwürfen Stellung. Beitrag aus der "ZiB 24" am Donnerstag.
ORF

Der Steirer, der in der Vergangenheit auch bereits für ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl sowie für die Wiener Neos gearbeitet hat, betont auch, sein Honorar stets von Silbersteins Agentur GCS International überwiesen bekommen zu haben. Auch nach dessen Ver- und Enthaftung Mitte August habe Silberstein weiter Pullers Honorare bezahlt.

Ob dieses Geld vom offiziellen Honorar der SPÖ an Silberstein abgezweigt wurde, ist unklar. "Meines Wissens hat das Silberstein selbst bezahlt, weil es für ihn auch eine Art Testlabor für seine generelle Arbeit als Kampagnenmanager war", wird Puller zitiert. Das Projekt habe allerhöchstens 100.000 Euro gekostet.

Warten auf Beweise

Der eidesstattlichen Erklärung, die Puller anbietet, um seine Behauptungen glaubhafter erscheinen zu lassen, misst man im Kurz-Team keine große Bedeutung zu. Ob Puller in der Lage sei, seine Behauptungen mit Dokumenten zu beweisen, bleibt abzuwarten.

Fest steht, dass Puller auch mit Efgani Dönmez in engem Kontakt stand. Dönmez, der für Kurz kandidiert, hatte Puller im Juli für seine Plattform "Stop Extremism" verpflichtet, ein Vertrag über 180.000 Euro war mit der Österreichischen Gesellschaft für Politikanalyse aufgesetzt worden. Das Geld sei aber nicht bezahlt worden, heißt es seitens der Gesellschaft. Lediglich 1.906 Euro aus Fremdaufwänden seien ersetzt und Puller für die acht Wochen seiner Beratungstätigkeit kein Honorar bezahlt worden. Mit der ÖVP, so lässt die Gesellschaft über ihren Anwalt ausrichten, habe das freilich nichts zu tun. (Michael Völker, 5.10.2017)