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Sturmtief Xavier wütet in weiten Teilen Deutschlands.

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Der Wind riss Bäume aus dem Boden – hier: Berlin.

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Berlin – Die Deutsche Bahn hofft, dass die Aufräumarbeiten nach dem verheerenden Sturm "Xavier" größtenteils Anfang der Woche abgeschlossen sein werden. Das sagte eine Bahnsprecherin am Samstagmorgen der Deutschen Presse-Agentur.

"Das Problem ist, dass Bäume teilweise durch das nasse Erdreich nachkippen und wir dadurch erneut mit der Kettensäge ranmüssen. Wir arbeiten mit Hochdruck, aber es gibt Unwägbarkeiten. Darum ist eine genaue Prognose leider derzeit noch nicht möglich", sagte die Sprecherin.

Die Strecke Hamburg-Berlin werde erst am Montag wieder befahrbar sein. "Aber wir können jetzt den Reisenden einen nahezu stündlichen Takt anbieten mit Umleitung über Uelzen und Stendal. Es gibt eine Fahrzeitverlängerung von ungefähr 60 Minuten", sagte die Sprecherin weiter. Züge aus dem Ruhrgebiet beispielsweise führen von Dortmund nach Hannover und wieder zurück. Reisende mit dem Ziel Leipzig oder Berlin könnten in Hannover umsteigen – und so mit einer allerdings erheblichen Verlängerung der Fahrzeit auch nach Berlin kommen. Das gelte auch für Fahrten von Berlin in den Westen.

Sieben Todesopfer

Die Auswirkungen des Sturmtiefs Xavier haben Zugreisenden in Deutschland am Freitag schwere Probleme bereitet. Der Bahnverkehr war auch am Tag nach dem Unwetter mit mehreren Toten massiv gestört. Im Norden und Osten Deutschlands blieben die wichtigsten Fernverkehrsstrecken am Vormittag noch gesperrt, teilte die Deutsche Bahn mit.

Sieben Menschen hatte der Sturm am Donnerstag das Leben gekostet. Ein weiterer Mann starb in Mecklenburg-Vorpommern an einem Herzinfarkt, als ein Baum vor seinem Auto auf die Straße stürzte – unklar blieb, ob ein Zusammenhang mit Xavier besteht. Am Wochenende könnte es im Nordosten entlang der Küsten und im Bergland erneut stürmische Böen geben.

ORF

Regierung dankte Einsatzkräften

Die deutsche Regierung würdigte am Freitag den Einsatz der Rettungskräfte. Die stellvertretende Sprecherin Ulrike Demmer dankte allen, "die in den Stunden des Orkans hart daran gearbeitet haben, die Verkehrsverbindungen aufrechtzuerhalten und Menschen zu helfen, die in Not geraten sind". Betroffen äußerte sie sich über die hohe Zahl der Todesopfer: "Natürlich denken wir in diesen Stunden an die sieben Menschen, die auf tragische Weise in dem Orkan ihr Leben verloren haben, und an die Angehörigen, denen wir unser tief empfundenes Mitgefühl aussprechen."

Xavier war am Donnerstag vor allem über den Norden und Osten hinweggefegt. Besonders schwer betroffen waren Berlin, Brandenburg, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Vier Tote gab es allein in Brandenburg, weitere drei Menschen starben in Berlin, Hamburg und bei Schwerin.

Berlin, Hamburg stark beeinträchtigt

Der Sturm legte am Donnerstag den Fernverkehr lahm, tausende Reisende strandeten in Bahnhöfen. Auch die öffentlichen Verkehrsnetze von Großstädten wie Berlin und Hamburg waren stark beeinträchtigt. In Berlin wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Während sich der Nahverkehr am Freitag langsam normalisierte, brauchten Reisende im Fernverkehr weiter viel Geduld.

Nach wie vor gesperrt waren die Routen Berlin–Hannover, Hamburg–Berlin, Hamburg–Hannover, Berlin–Leipzig und Osnabrück–Hamburg. Aus Basel und München kommende ICEs fuhren nicht bis Hannover, Hamburg oder Berlin, sondern nur bis Kassel-Wilhelmshöhe. Andere ICEs aus dem Süden kehrten in Dortmund um, statt bis nach Bremen und Hamburg weiterzufahren.

Oberleitungen beschädigt

Die Bahntrassen würden derzeit mit Hubschraubern abgeflogen, um festzustellen, wo der Sturm Schäden angerichtet hat, sagte eine Sprecherin am Vormittag. Außerdem seien überall fahrbare Hebebühnen unterwegs, um heruntergerissene Oberleitungen instandzusetzen.

Die Nacht verbrachten viele Gestrandete in Hotels oder von der Bahn bereitgestellten Zügen. So standen drei Übernachtungszüge in Kassel-Wilhelmshöhe, wo rund 1.000 Reisende hängenblieben. Außerdem gab es sogenannte Hotelzüge in Berlin am Hauptbahnhof und an den Stationen Spandau und Südkreuz sowie an den Hauptbahnhöfen in Köln, Dortmund, Bielefeld, Düsseldorf, Leipzig, Hamburg und Hannover. Allein in Minden mussten 470 Fahrgäste die Nacht in mehreren Zügen am Bahnhof verbringen.

Ziegel fielen von Hausdächern

Mancherorts viel der Strom aus. Freitagfrüh waren in Westmecklenburg noch immer 10.000 Kunden ohne Strom. Am Donnerstag waren es zeitweise sogar 35.000 Menschen. Der Sturm entwurzelte zahlreiche Bäume, Ziegel fielen von Hausdächern. Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr mussten auch am Freitag noch Straßen von umgestürzten Bäumen befreien.

Der Klimaforscher Mojib Latif vom Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung bezeichnete Xavier im SWR als Schnellläufer. "Das ist ein Sturm, der nicht unbedingt vorhersehbar ist. Dieses Tiefdruckgebiet heißt so, weil es dann wirklich extrem schnell ziehen kann mit 100 Stundenkilometern." Beispiele dafür seien der Sturm Kyrill aus dem Jahr 2007 und Lothar, der 2009 über West- und Mitteleuropa fegte.

Böige Landung in Düsseldorf

Die Landung eines von Sturmböen geschüttelten Riesenfliegers A380 in Düsseldorf ist zu einem Videohit im Internet geworden. Nach dem Aufsetzen auf den Boden schlingerte das größte Passagierflugzeug der Welt am Donnerstag deutlich sichtbar auf der Landebahn. Es seien aber keine besonderen Maßnahmen notwendig gewesen, versicherte Flughafensprecher Christian Hinkel am Freitag.

"Sicherlich sind böige Seitenwinde bei der Landung aber grundsätzlich für alle Beteiligten nicht sonderlich angenehm", erklärte er. Nach Angaben des Flughafens werden Piloten speziell auch für solche Windverhältnisse ausgebildet. Teilweise sehe der Anflug bei Seitenwinden spektakulär aus, auch wenn es am Ende oftmals Routine sei. Das von einem Planespotter aufgenommene Video wurde im Internet bis Freitagnachmittag mehr als 900.000 Mal aufgerufen. (APA, red, 6.10.2017)