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Digitalisierung: Ein Schlagwort, dass sich von der Bildung über das Arbeitsrecht bis in die Sicherheit zieht. Betont wird von den Parteien, man solle die Digitalisierung jedenfalls als Chance begreifen. Einig sind sich alle bei schnellem Internet – auch am Land –, moderner Ausstattung in Schulen und Investitionen in Mint-Studienprogramme.

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Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am 24.9. in der Elefantenrunde von Puls 4 zum Thema Wertschöpfungsabgabe.

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Peter Pilz knüpft an dem Abend bei der Wertschöpfungsabgabe an, sagt aber, dass das viel größere Problem große Internetunternehmen seien, die in Österreich keine Steuern zahlen.

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Es ist mittlerweile einer der Begriffe, der in Wahlprogrammen mit am häufigsten fällt: Digitalisierung. Beinahe ist sie zum Zauberwort geworden, denn im gleichen Satz folgt meist die Betonung der Chancen, die dadurch für die Zukunft Österreichs genutzt werden sollen. Bezüglich digitalem Wandel – von der Bildung bis zu Infrastruktur, Unternehmensgründung und Sicherheit – sind sich die fünf bislang im Parlament vertretenen Parteien in vielen Bereichen einig:

Bildung

Die Forderung nach Informatik in der Volksschule unterstützen mit Ausnahme der FPÖ, wo man sich Informatik als fixes Unterrichtsfach erst ab der Sekundarstufe wünscht, alle zur Wahl antretenden Parlamentsparteien. Der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht sollte selbstverständlich sein, heißt es im Programm der ÖVP, die SPÖ möchte, dass die Kinder auch mit Tablets und Laptops ausgestattet werden, die Neos das Schulfach "Coding" einführen. Bei mehreren Parteien wird außerdem betont, dass in allen pädagogischen Ausbildungen in Zukunft auch verpflichtend digitale Grundkompetenzen integriert werden müssen. Die Bedeutung von Medienbildung, in der ein verantwortungsvoller Umgang mit digitalen Medien vermittelt werden soll, erkennen ebenfalls alle Parteien an.

Ausbau lautet auch das Schlagwort im tertiären Bereich: Alle Parteien fordern mehr Studienplätze im Informatikstudium, dass hier trotz Fachkräftemangel gekürzt wurde, beschreiben die Grünen etwa als "absurd". Vor allem in den Programmen von ÖVP und SPÖ findet sich die Forderung, Mint-Studien besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Die SPÖ wünscht sich eine Steigerung von derzeit 17.000 auf 22.000 Mint-Absolventen pro Jahr, die ÖVP nennt neben dem Ausbau der entsprechenden Studienplätze auch den Ausbau von Informatik-HTLs in allen Bundesländern als Ziel.

Letztere spricht auch die Weiterbildung in Unternehmen selbst an: Das Arbeitsmarktservice sei noch mehr gefragt, wenn es um das Anbieten von Kursen und Umschulungen gehe. Ziel müsse es sein, "Arbeitsuchende auf einen konkreten Arbeitsplatz hin zu schulen, am besten schon im Rahmen eines Unternehmens", das den Mitarbeiter dann einstellen will.

Automatisierung und Steuerpolitik

Gute Ausbildung ist dann auch für alle Parteien der Schlüssel. um bei zunehmender Automatisierung wettbewerbsfähig zu bleiben. Die SPÖ schlägt in dem Zusammenhang ja eine Wertschöpfungsabgabe vor. Konkret sollen in einem ersten Schritt alle Unternehmen drei Prozent ihrer Nettowertschöpfung einzahlen, um die Familienförderung (Flaf) zu finanzieren. Das soll 1,5 Milliarden Euro einbringen. Im gleichen Ausmaß würden die Abgaben auf Löhne gesenkt, die derzeit den Familienfonds speisen. In der Elefantenrunde von Puls 4 sprachen sich auch die Grünen für so eine Abgabe aus, FPÖ, die ÖVP und die Neos lehnen solche Maßnahmen ab, das sei keine standortfreundliche Politik, sagte etwa Kurz.

Peter Pilz führte bei dieser Diskussion dann auch die (fehlenden) Steuerzahlungen internationaler Internetkonzerne ins Treffen (siehe Video). Für das Modell der digitalen Betriebsstätten – Unternehmen sollten dort Umsatzstteuer und Gewinnsteuer dort zahlen, wo die Gewinne gemacht werden – gibt es von allen Parteien Zustimmung.

Infrastruktur

Die Grundlage für funktionierende Digitalstrategien ist die Infrastruktur, sind sich die Parteien einig. Leistungsstarke Breitbandnetze seien die "Lebensadern" des digitalen Wandels, heißt es bei den Grünen. Einigkeit herrscht auch darüber, dass im ländlichen Raum Aufholbedarf besteht. Die Neos fordern, dass 80 Prozent der Bevölkerung bis 2020 ultraschnelles Internet haben, die SPÖ möchte den 5G-Ausbau forcieren. Die ÖVP betont die Notwendigkeit einer neuen Breitbandstrategie, um bis 2022 so vielen Menschen wie möglich leistungsfähiges Internet zu bieten (100 Mbit/s). Und auch die FPÖ möchte durch einen weiteren Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur die "digitale Kluft" zwischen Stadt und Land verkleinern.

Cybersicherheit

Auch österreichische Betriebe hat es bereits erwischt. "2016 verzeichnete das Bundeskriminalamt mehr als 10.000 angezeigte Cyberangriffe auf Unternehmen und Privatpersonen, was einer Steigerung von 11,6 Prozent zum Vorjahr entspricht", schreiben die Grünen. Entsprechende Vorkehrungen gegen Cyberkriminalität werden auch in Programmen der ÖVP und der SPÖ betont. Letztere fordern "klare Strukturen und Zuständigkeiten" sowie Investitionen in die Cyber-Defence. Die Grünen merken außerdem an, dass es "kein staatliches Interesse an Sicherheitslücken zur Überwachung" geben dürfe.

Unternehmensgründung

Über zu viel Bürokratie wird in allen Wahlprogrammen lamentiert – da ist eine digitalisierte Unternehmensgründung eine Antwort, Dauer und Aufwand sollen minimiert werden. "Wenn die Behörden die Dokumente haben, sollen sie diese herumschicken, nicht die Bürgerinnen und Bürger von einem Schalter zum nächsten schicken", steht bei der SPÖ zu lesen. Gerade im ländlichen Raum könne die Digitalisierung dafür sorgen, dass hochwertige Jobs auch hier entstehen, heißt es im ÖVP-Programm. In diesem Zusammenhang kommen die Neos auf die Bedeutung der Infrastruktur: Viele Unternehmen würden Nachteile bei der Breitbandversorgung aus Loyalität gegenüber der Region hinnehmen. Irgendwann würde diese aber nicht mehr ausreichen, um Wettbewerbsnachteile betriebswirtschaftlich ignorieren zu können. "Für potenzielle Investoren sind die Zustände in Österreich erschreckend. Bürokratie und arbeitsrechtliche Fehlentscheidungen haben sich zu echten Hindernissen entwickelt", heißt es bei der FPÖ. Das Arbeitsrecht müsse deswegen "einfacher und flexibler" werden.

Arbeitsleben

Die Frage der ständigen Erreichbarkeit für den Arbeitgeber wird von der SPÖ thematisiert, weil sie oft zu Arbeit in der Freizeit führe. Das wird abgelehnt: "Um dem Arbeitnehmer ungestörte Freizeit und Erholung zu sichern, ist im Arbeitszeitrecht ein grundsätzlicher Anspruch auf Nichterreichbarkeit festzulegen." Was neue Arbeitsformen wie Crowdwork – von Uber-Fahrerinnen und Fahrern bis zu Menschen, die auf digitalen Plattformen Aufträge erledigen – angeht, möchte die SPÖ hier ein neues "Crowdwork-Gesetz" erarbeiten. Die Grünen schreiben in ihrem Programm, die Digitalisierung solle als Chance zur Arbeitszeitverkürzung und nicht als Hintertür für die De-facto-Ausweitung genutzt werden. Auch die Neos betonen: "Durch nachhaltige Veränderungen unserer Arbeitswelten – Stichwort Digitalisierung – möchten die "neuen" Arbeitskräfte die größtmögliche Freiheit in der Gestaltung ihrer Beschäftigung. Allein, das Gesetz erlaubt es nicht: Freizeitmanager versus 9-to-5-Jobs." Gefordert wird deswegen die Verlängerung des Durchrechnungszeitraums der Arbeitszeit auf zwölf Monate und mehr Gestlatungsspielraum bei den Betriebsvereinbarungen. (lhag, 7.10.2017)