Sebastian Kurz ist kein Islamhasser. Das hat auch niemand behauptet. Jedoch versteht er es sehr gut, die Religion / den Islam für politische Zwecke zu instrumentalisieren. Ich empfehle Herrn Khorchide aber, die ganze Geschichte und auch das Agieren von Kurz anzusehen und dann aus wissenschaftlicher Sicht auszuwerten. Auch wenn das vielleicht, aus der Ferne betrachtet, nicht so leicht ist.

Kurz hat es schon im Wiener Wahlkampf 2010 als unbekannter Jugendkandidat aus Meidling geschafft, mit zwei Dingen in die Medien zu kommen: Das eine war sein Geil-o-Mobil und das andere seine Forderung, dass das Predigen in Moscheen nur noch auf Deutsch praktiziert werden sollte. Er forderte auch einen Wertevertrag für die Muslime und bezichtigte die türkischen Imame, von der türkischen Regierung ferngesteuert zu sein. Kurz ging es im 2010 nicht um fundierte Auseinandersetzung mit Muslimen oder ihre Integration, sondern rein darum, durch das Schüren von antimuslimischen Ressentiments auf Stimmenfang im rechten Lager zu gehen. Seine damalige Parteivorsitzende, Christine Marek, hatte ihn dann "zurückgepfiffen" und sich beinahe für seine Aussagen entschuldigt. Denn er hatte sich als Jugendkandidat zu Dingen geäußert, die weder sein Spezialgebiet waren noch in seine Zuständigkeit fielen.

Als Außen- und Integrationsminister wollte er sich sehr gerne in die Kultusangelegenheiten einmischen. Darüber hinaus hat er entscheidend negativ an der Entstehung eines Islamgesetzes mitgewirkt, das weder die Muslime zufriedenstellte noch seine Exekution vereinfachte. Heute stellt er öffentlich fest, dass er als Kanzler Kultusgemeinden auflösen und Moscheen schließen möchte.

Am liebsten hätte er auch noch eine Religionspolizei installiert. Seine letzte, von ihm beauftragte und präsentierte Studie wurde von "Undercover"-Mitarbeitern beauftragt und ausgewertet.

Apropos Studien: Es fällt auf, dass in den letzten Jahren inflationär zum Islam und zu Muslimen Studien durch ihn und den österreichischen Integrationsfond beauftragt und vorgestellt wurden. Fast alle sind umstritten, wenig bis gar nicht repräsentativ, und wenn sie nicht gut genug sind, werden sie nachgeschärft, frisiert, bearbeitet oder vielleicht sogar verfälscht. Weiters versuchte Kurz ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst durchzusetzen, und sein wichtigstes Vorhaben, als reine Symbolpolitik die Burka zu verbieten, ist ihm ja gelungen.

Verbunden mit seiner zweiten Passion, nämlich auf Wien loszugehen, sieht er 150 salafistische Kindergärten, die unsere Kinder indoktrinieren. Bis jetzt hat die Stadt Wien aber keinen davon gefunden. Sein Ziel aber, Muslime zum Spielball seiner Politik zu machen, hat er erreicht.

Nicht nur mir, sondern auch vielen anderen Politikerinnen und Politikern fällt schon länger auf, dass Kurz es schafft, bei jedem Thema sofort zu den Flüchtlingen und zum Islam zu wechseln und die Schuld beim "politischen Islam" zu orten. Peter Filzmaier hat es kürzlich im TV sehr genau auf den Punkt gebracht: "Sebastian Kurz hat ein Glück, dass es bei dieser Diskussion nicht um Verkehrspolitik gegangen ist. Weil da hätte er wahrscheinlich auch argumentiert, das verkehrspolitische Problem sind Burkaträgerinnen, die illegal in zweiter Spur vor Islamkindergärten parken."

Wir in Wien wollen Probleme lösen und nicht erfinden, Menschen zusammenführen und nicht auseinanderdividieren, für alle da sein – unabhängig von ihrer Herkunft oder Religion.

Die plumpen FPÖ-Slogans "Daham statt Islam" und "Pummerin statt Muezzin" sind schon lange vorbei, antimuslimischer Ressentiments bedienen sich inzwischen leider auch andere. Kurz erfüllt es mit Leben und Taten. Und der Begriff "politischer Islam" eignet sich hervorragend als eine Art "Code", um antimuslimische Ressentiments für politische Zwecke zu missbrauchen. (Omar Al-Rawi, 10.10.2017)