Jetzt, wo die Rechtsextremen im Mittelmeer mit einem durch Crowdfunding finanzierten Boot herumfahren, um die Flüchtlinge, die von Afrika nach Europa wollen, abzufangen und zurückzuschicken, und damit nichts anderes tun, als den Forderungen westlicher Mainstreampolitik nachzukommen, jetzt, wo wieder einmal deutlich sichtbar wird, dass, würden wir die Welt als eine einzige Stadt betrachten, Europa, USA, Kanada etc. das Reichenviertel darstellen und die Bewohner der armen Viertel durch gewaltsam geschaffene Verhältnisse von Wohlstand und Bildung ferngehalten werden, jetzt, wo sich dieses Bild krass und ungeschminkt darstellt und damit auch offensichtlich wird, wie beschränkt die vorwiegend auf die eigene Blase sich beziehende Rhetorik der kritischen Bewohnerinnen der Reichtumszone ist, jetzt, wo sich anstatt einer ernsthaften Dekolonisierung und global wirksamen Solidarisierung eine Aufrüstung zur Abwehr der Abgehängten abzeichnet, kann genau jetzt angesichts des eingangs erwähnten Manövers und in Anbetracht des Big Picture über die Gesinnung der Bewohnerschaft der Reichenviertel nicht zu Recht gesagt werden: Alles Rechtsextreme hier?

Australien bis Amstetten

Die elendste Formulierung in diesem Zusammenhang, zu hören von Australien bis Amstetten, von Trump bis Merkel: Wir müssen die Fluchtursachen in den Herkunftsländern bekämpfen. Allergrößte Unverschämtheit! Die reichen Länder selbst sind doch die Hauptfluchtursache. Durch eine seit Jahrhunderten betriebene ausbeuterische Wirtschaftspolitik, die ausschließlich auf dem Prinzip Herr und Knecht beruht, Master und Sklave, wurde ein ökonomisches Gefälle hergestellt, das täglich in seiner bestehenden Struktur bestätigt und einzementiert wird. Der afrikanische Kontinent wird, wie wir aus der Geschichte wissen, und diese Geschichte läuft heute noch, ausgeplündert, um billige Arbeitskräfte und Rohstoffe für den westlichen Markt sicherzustellen. Die durch diesen Aderlass und die Folgen rücksichtsloser Kolonisierung destabilisierten Gesellschaften werden dadurch regelrecht dazu gezwungen, Schwierigkeiten zu haben.

Wenn sich Fortschritt in den reichen Ländern in klimaschonender Energiegewinnung, in minderheitenfreundlicher Politik und in weiteren Maßnahmen manifestiert, die uns auf die lässige Seite bringen sollen, wieso wird dann nicht schon längst eine großflächige Kooperation mit Afrika in Angriff genommen, eine auf Respekt und Support beruhende Zusammenarbeit im großen Maßstab, eine von zukunftsorientierten Ideen und Ansprüchen geprägte internationale Initiative?

Africa first. Das wäre mal ein sinnvoller und bahnbrechender Move, der Bewegung in den gegenwärtigen, unproduktiven Alle-fürchten-sich-vor-etwas-Zustand bringen würde. Und wir, die aus den Reichenvierteln, hätten einen gewichtigen Grund weniger, unsere Herkunftsländer so peinlich und unklug zu finden wie sie es in dieser Hinsicht ja tatsächlich sind. (Und außerdem würden die, was ja immer deren größte Sorge ist, on the long run auch ökonomisch profitieren. Hallo!) (Markus Binder, 11.10.2017)