Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei seinem ersten Wahlaufruf in der Hofburg zu Beginn des Intensivwahlkampfes: Damals empfahl er den Stimmberechtigten, sich für das Lesen der Wahlprogramme etwas Zeit zu nehmen.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Vor weichgezeichneter Bergkulisse schreitet Alexander Van der Bellen mit seinem bekannt nachdenklichem Gesichtsausdruck über eine grüne Wiese – um dort auf eine Schar junger, bunter Leute zu treffen: Am Donnerstag wandte sich der Bundespräsident zum zweiten Mal im Laufe des Intensivwahlkampfes an die Bevölkerung – diesmal mit einem Video auf Facebook.

In dem knapp zweiminütigen Clip ruft das Staatsoberhaupt die Wahlberechtigten noch einmal dazu auf, bei der Nationalratswahl am Sonntag von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen, denn dieser Tag sei "einer der höchsten Feiertage, den eine Demokratie zu bieten" habe – und das Wahlrecht sei "keine Selbstverständlichkeit". Denn "in vielen Ländern dieser Welt" gäbe es diese Möglichkeit nicht. "Warum ist Ihre Stimme so wichtig?", fragt Van der Bellen in dem Video – und gibt gleich selbst eine Antwort: "Weil die Wahlurne keine Unterschiede kennt."

Anspielung auf Aktuelles

Während er sich in der Natur unter die versammelten Menschen mischt, mahnt er: "Gemeinsam entscheiden wir, in welche Richtung unser Land geht." Dazu sagt der ehemalige Chef der Grünen, mittlerweile parteifrei, wohl nicht zuletzt in Anspielung auf die heftigen Kontroversen zwischen Rot und Schwarz rund um die Causa Silberstein samt all ihrer Subaffären: "Wenn auch in den letzten Tagen leider andere Dinge im Vordergrund standen, so sollten wir uns doch bewusst sein, worum es am Sonntag wirklich geht."

Österreich und Europa stünden "vor großen Herausforderungen" – und die Bevölkerung erwarte sich von der Politik "Antworten auf die drängenden Fragen unserer Gegenwart und Zukunft".

Appell auch an neue Staatsbürger

Ausführlicher wird Van der Bellen bei seiner Erklärung, dass "jede Stimme gleich viel wert" sei – egal, ob Alt oder Jung, Mann oder Frau, Städter oder Landbewohner, aus welchem Bundesland oder Auslandsösterreicher. Worauf Van der Bellen ebenfalls ausdrücklich hinweist: Dass es beim Wahlrecht ganz gleich sei, "wie lange Sie schon unsere Staatsbürgerschaft haben", ebenso bezieht er in seinen Aufruf neben Wohlhabenden jene Menschen ein, "die Mindestlohn beziehen" oder keine Arbeit haben. Als Bundespräsident vertraue er darauf, dass "wir alle gemeinsam eine gute Entscheidung treffen".

An der letzten Nationalratswahl im September 2013 nahmen übrigens nahezu drei Viertel der Stimmberechtigten teil – die Beteiligung lag damals bei exakt 74,9 Prozent. (nw, 12.10.2017)