Vereinzelt melden sich Leser mit der Frage, wen zum Kuckuck man denn wählen solle. Gegen jede wahlwerbende Partei gibt es etwas vorzubringen. Soll man also strategisch wählen, um etwa Schwarz-Blau zu verhindern oder der SPÖ oder den Grünen doch noch zu helfen, die Neos zu stärken oder Peter Pilz über die Hürde zu helfen?

Vergessen Sie das mit dem strategischen Wählen. Wählen Sie das, was sie noch am ehesten vor sich selbst verantworten können. Wenn Sie der Meinung sind, dass Peter Pilz zwar eine populistische und leicht egomanische Seite hat, aber wenn Sie einem Kontrollprofi eine Chance geben wollen, dann wählen Sie Peter Pilz.

Wenn Sie der Ansicht sind, dass die Grünen mit ihrem Übermaß an politischer Korrektheit schwer nerven, ihre wirtschaftspolitischen Vorstellungen von Ceta bis Mietenobergrenze realitätsfremd sind und ihnen der Zug zum Tor fehlt; wenn Sie aber überzeugt sind, dass Sie keine Kompromisse mit der extremen Rechten machen; dass Umweltpolitik weiter wichtig ist – dann wählen Sie die Grünen.

Wenn Sie die Neos für neoliberal halten und das für Sie wirklich ein negativer Begriff ist; wenn Sie aber andererseits anerkennen, dass die Neos eine moderne Marktwirtschaft wollen, fachlich etwas draufhaben und eine bürgerliche Alternative ohne rechtsautoritären Geruch sind, dann wählen Sie die Neos.

Wenn Sie die lange Geschichte der FPÖ als Partei mit autoritären, ausländerfeindlichen (und letztlich menschenfeindlichen) Ideen und korrupter und inkompetenter Regierungspraxis kennen; wenn Sie aber andererseits meinen, dass das vernachlässigbare Entwicklungen sind, dass sich Strache gewandelt hat und man die Partei nicht auf ewig von der Regierungsverantwortung ausschließen sollte, dann wählen Sie FPÖ.

Wenn Sie der Meinung sind, dass Sebastian Kurz zwar mit seiner Kritik an der ungeregelten Zuwanderung in vielem recht hat, aber übertreibt, wenn er alle Übel dieser Welt darauf zurückführt; wenn Sie sich fragen, was konkret hinter seinen überzeugend vorgetragenen Slogans steckt; wenn Sie vielleicht ein leichtes Unbehagen über seine demokratiepolitischen Vorstellungen spüren (plebiszitäre Demokratie, mehr Macht für den Kanzler); wenn Sie aber andererseits beeindruckt sind von seiner Fähigkeit, die richtigen Themen der Zeit zu erkennen, und wenn Sie ihm eine Chance geben wollen; und wenn Sie meinen, die Linke hätte lange genug die Hegemonie im Lande gehabt – dann wählen Sie Sebastian Kurz.

Wenn Sie schließlich an der SPÖ verzweifeln, weil sie die Zeichen der Zeit (Globalisierung, Migration) nicht sehen will; wenn Sie nichts von immer neuen Steuern halten, mit denen unter dem Titel "Verteilungsgerechtigkeit" privilegierte Gruppen (Beamte der Wiener Stadtwerke gehen zu 99 Prozent in Frühpension) weiterfinanziert werden; wenn Sie aber andererseits der Meinung sind, dass die rechte Hegemonie im Lande nicht zu groß werden soll und Bundeskanzler Christian Kern trotz schwerer taktischer und strategischer Fehler noch eine Chance verdient hat – dann wählen Sie SPÖ.

Aber wählen Sie. Bleiben Sie nicht zu Hause. (Hans Rauscher, 13.10.2017)