Enttäuschte, weil nicht erwiderte Zuneigung, die ein verheerendes Machtspiel mit anheizt: Boaz Daniel (Franz) und Sofia Soloviy (Amalia) mit Chor in "Die Räuber" an der Volksoper.

Foto: Barbara Pálffy / Volksoper

Wien – Das Setting des Anfangs ist ungewöhnlich und vielversprechend: In einem Kubus sind zur Ouvertüre von Giuseppe Verdis I masnadieri (nach Friedrich Schillers Drama Die Räuber) an der Volksoper Wien drei kostümierte Kinder zu sehen – wohl die späteren Protagonisten der Oper – und dazu Solocellist Roland Lindenthal, der Verdis Lyrismen expressiv und kantabel präsentiert. Die Einheit von Szene und Musik hat etwas Fesselndes – doch wird es an diesem Abend diesbezüglich beim Versprechen bleiben.

Volksoper Wien

Der Ansatz wird später in keiner Weise mehr weiterverfolgt. Dabei motiviert Dirigent Jac van Steen das hauseigene Orchester zu Höhenflügen: Kernig und martialisch klingt die Sphäre der räuberischen Handlungsstränge, elegant fließen die Lyrismen der Liebesdinge und Heiratspläne. Und auch gesungen wird bei der neuesten Volksopernpremiere fulminant bis achtsam.

Szenische Defizite

Vincent Schirrmacher gibt dem Karl metallischen Glanz, kraftvolle Stütze und nicht zu sparsam dosierten Schmelz, Boaz Daniel dem Bruder Franz reichlich Schwärze und neben aller Bosheit auch menschliche Wärme. Als beider Vater Maximilian hält sich Kurt Rydl vor allem ans übermächtige Poltern und Dröhnen, was bei ihm zu mehr Präsenz als Präzision führt. Sängerisch tadellos ist hingegen Sofia Soloviy als Amalia mit stählern poliertem, zu nahezu perfekten Phrasen getrimmtem Sopran. Insbesondere bei ihr zeigen sich jedoch auch in der Flachheit der Operngesten die szenischen Defizite der Produktion, bei der man wohl versucht hat, ein historisierendes Odeur mit modernistischer Abstraktion zu verbinden.

Dick aufgetragene Kostüme

Diese Ansätze begegnen sich in den Elementen der Ausstattung – den allem Anschein nach in Friedrich Schillers Zeit angesiedelten, dick aufgetragenen Kostümen von Bettina Walter und im reduzierten Bühnenbild von Bettina Meyer, das im Wesentlichen aus dem bereits erwähnten Kubus besteht. Oder besser gesagt: Sie begegnen einander nicht, sondern verfehlen einander. Denn die Inszenierung von Alexander Schulin verfrachtet die Gruppen des (sehr gut singenden) Chors zwar irgendwie von A nach B, stimmig wirkt das aber ebenso wenig wie die Personenführung, in der vieles grimassenhaft überzeichnet erscheint.

Doch insbesondere was von der Aussage des Stücks zu halten ist, warum etwa die Räuber in den böhmischen Wäldern so oft von Freiheit und sozialer Gerechtigkeit sprechen – das wäre eine Frage gewesen, die nicht nur in Zeiten wie diesen ein gewisses Interesse verdient hätte. Sie fand jedoch auf der Bühne keine merkliche Resonanz. (Daniel Ender, 16.10.2017)